Herzlichen Dank an Sie und Ihre Mitglieder für Ihre spannenden Fragen und das damit entgegengebrachte Interesse.
Ihre Fragen beantworte ich Ihnen sehr gern wie folgt:
1. Wie bewerten Sie die Perspektive und Zukunft des deutschen Mittelstandes?
Der Mittelstand ist der Motor der Sozialen Marktwirtschaft und das Rückgrat unserer Wirtschaft. Wir Freien Demokraten setzen uns dafür ein, dass das auch so bleibt. Deutschland verfügt nach wie vor über eine starke mittelständische Wirtschaftsstruktur. Aber sie steht vor großen Herausforderungen. Unter Druck von jahrelanger Abgabenlast, Bürokratie und nicht zuletzt den Folgen der Coronakrise, braucht es jetzt klare Wachstumsimpulse, um aus dieser Krise heraus zu kommen. Wir fordern endlich Entlastungssignale für die arbeitende Mitte. Dazu gehören die Senkung der Mehrwertsteuer, die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags für alle, sowie bessere Abschreibungsbedingungen für Unternehmen. So werden die Türen geöffnet für private Investitionen und privaten Konsum.
2. Wie stellen Sie sich den Abbau der gemachten Schulden im Haushalt vor?
Wir stehen für eine solide Haushalts-und Finanzpolitik. In der aktuellen Krise sehen wir deutlich, warum eine geringe Schuldenlast und ein ausgeglichener Haushalt so wichtig sind. Sie ermöglichen dem Staat momentan den haushaltspolitischen Ausgabenspielraum. Dem ist es zu verdanken, dass uns die Folgen der Pandemie finanziell nicht in die Knie zwingen. Dennoch: Deutschlands Schulden liegen nun wieder deutlich über der 60-Prozent-Marke nach den Maastricht Kriterien, die die wirtschaftliche Stabilität des Euroraumes garantieren soll. Es gilt daher, die Schulden zügig abzubauen, um die zukünftigen Generationen vor kaum zu bewältigenden Herausforderungen zu bewahren und in der EU mit gutem Beispiel voranzugehen.
3. Wie schätzen Sie die Zukunft des EURO ein?
Wir Freien Demokraten sind leidenschaftliche Europäer und stehen klar zur Europäischen Union und zum Euro. Nichtsdestotrotz bedarf es im Euroraum, in Krisenländern, sowie in der Europäischen Union auch tiefgreifender Reformen. Es braucht nun eine Kehrtwende in der Eurozone. Anstelle von Vergemeinschaftung der Schulden, Niedrigzinspolitik und Investitionsstau müssen endlich Eigenverantwortung, solide öffentliche Finanzen und Wachstum treten.
4. Erwarten Sie eine Inflation?
Wir sind Verfechter der sozialen Marktwirtschaft und setzen uns für stabile Geldpolitik ein. Eine Inflation gilt es bereits in ihrer Entstehung zu bekämpfen und darüber hinaus, eine Stabilität des Geldwerts langfristig zu gewährleisten. Umso wichtiger ist daher, wie bereits erwähnt, ein konsolidierter Haushalt. In der Tat fordern wir schon lange, Geldwertstabilität im Grundgesetz zu verankern. So wollen wir die staatlichen Institutionen unmittelbar in die Pflicht nehmen, sich für eine stabile Währung einzusetzen. Momentan sieht es danach aus, dass das Inflationsziel durch keine noch so lockere Geldpolitik erreichbar ist. Mittel-und langfristig dürfte die Inflationsrate wieder steigen.
Das Inflationsziel von 2 Prozent sollte allerdings in eine Obergrenze umgewandelt werden, die unterschritten werden darf.
5. Da wir von einer Industrie in eine Digitalgesellschaft gehen die Frage, erwarten Sie eine „neue“ Bildungspolitik?
In einer stetig mehr digitalisierten Welt, braucht es dringend ein neues Denken in der Bildungspolitik. Bildung entscheidet über individuelle Lebens- und Aufstiegschancen sowie die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Daher dürfen wir die Chance auf eine Bildungsrevolution nicht verpassen. Wir Freien Demokraten wollen den Einzelnen durch weltbeste Bildung stärken, indem wir die Chancen der Digitalisierung nutzen. Für den Schulbereich geht das mit einem Digitalpakt 2.0, denn so können die notwendigen Investitionen in digitale Infrastruktur, geschultes Lehrpersonal, Zugang zu mobilen Endgeräten, digtiale Lehr-und Lernmethoden und Datenschutz umgesetzt werden.
Außerdem setzen wir uns für ein zweites Bildungssystem für das ganze Leben ein. Alle sollen von der neuen Arbeitswelt profitieren und den Freiraum zur Weiterbildung haben – unabhängig vom Geldbeutel.
Wir Freien Demokraten denken Bildung auch auf europäischer Ebene: Eine European Digital University könnte ortsungebunden hochwertige Angebote im Bereich der Lehre und der akademischen Fortbildung machen. Jeder einzelne EU-Bürger, unabhängig von der persönlichen Situation und der sozialen und geografischen Lage, soll dadurch eine weitere Möglichkeit haben, hochwertige Angebote wahrzunehmen. Für uns ist es ganz wichtig, dass wir auch Grenzen der Bildungsmobilität abbauen.
6. Wie sehen Sie die Zukunft unserer Arbeitsgesellschaft?
Wir wollen Arbeit gestalten, Aufstieg ermöglichen und Wohlstand sichern. Dazu müssen wir die Arbeitswelt modernisieren. Es gilt nun, den Schritt in eine neue Arbeitswelt zu wagen, für individuelle Freiheit und Selbstbestimmung zu sorgen und Fachkräfte zu gewinnen. Dazu muss der rechtliche Rahmen entsprechend ausgestaltet werden. Außerdem muss die Arbeitswelt endlich fit für die Digitalisierung gemacht werden. Alte Muster starrer Arbeitszeiten müssen abgelöst werden von einem Zeitalter des mobilen Arbeitens, Home-Office und Projektarbeit. Zu dieser modernen Arbeitsgesellschaft gehören ebenfalls moderne, digitalisierungsoffene Sozialsysteme sowie ein Einwanderungsgesetz.
7. Wie bewerten Sie die mir immer wieder gestellte Frage, warum Politiker in diesen „sorgenvollen“ Zeiten keine – oder geringe - Solidarität zeigen?
Die Coronakrise ist für alle Menschen enorm belastend. Es ist wichtig, dass Politikerinnen und Politiker eine Balance aus kreativem Pragmatismus, Abwägung, Entschlossenheit, und auch Mitgefühl und Solidarität finden. Ein Geheimrezept gibt es indes nicht.
> Ich persönlich nehme die Gefahr sehr ernst, die das Coronavirus für die Gesundheit der Menschen bedeutet. Ich nehme aber auch die große Belastung, das Leid und den Unmut vieler Menschen sehr ernst, das sie durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie seit Wochen erfahren. Viele Eltern belastet es zunehmend, liebevoll für ihre Kinder da zu sein und gleichzeitig im Homeoffice zu arbeiten. Ältere Familienmitglieder werden in Hospizen und Heimen isoliert. Desaströs ist die Situation für von Gewalt und Missbrauch bedrohte und betroffene Kinder. Zudem stehen viele Familien auch wirtschaftlich vor existentiellen Problemen. Selbständige und Unternehmer, die unverschuldet durch die Pandemie vor existenziellen Problemen stehen, brauchen eine verlässliche Perspektive. Sie müssen Gewissheit erhalten, dass es sich lohnt, um den Fortbestand ihrer Unternehmung zu kämpfen. In allen Bereichen des Lebens muss nach klugen, praxisnahen Lösungen gesucht werden, die transparent debattiert, beschlossen und klar kommuniziert werden. Der ständige Austausch mit den jeweils betroffenen Personengruppen ist dabei sehr wichtig.
8. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Medien?
Die Medien sind eine elementare Säule unserer liberalen Gesellschaft. Sie diesen als wichtige Brücke zwischen Politik und Bürgern, indem sie Informationen transportieren, eine Plattform für kritischen Diskurs bieten und Entscheidungen und Entwicklungen kritisch aufarbeiten. Wichtig bleibt, dass sie weiterhin ihre Unabhängigkeit und Distanz wahren.
9. Wie ist Ihr Zukunftsbild unserer Gesellschaft?
Ich stelle mir eine liberale, offene Gesellschaft vor, die individuelle Freiheit und Chancen ermöglicht. Eine weltoffene Gesellschaft, in der Menschen jeder Herkunft selbstbestimmt leben können. Eine moderne, fortschrittliche Gesellschaft mit mehr Autonomie über die eigene Biografie, eine in der jeder Bürger durch Mut und Verantwortung vorankommen kann. All das basierend auf einem staatlichen Gerüst, das einen Rahmen für faire und fördernde Spielregeln bildet.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort helfen.
Herzliche Grüße
Katja Suding
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Katja Suding MdB
Stellv. Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion
Stellv. Bundesvorsitzende der FDP
Vorsitzende des FDP-Landesverbandes Hamburg
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