Fotos: © Jörg Tudyka

Jörg Tudyka

Themen

01.08.2022

"Wenn die Qualität nicht stimmt, schicken wir es zurück"

Zwei Belgier erlernen das Handwerk als Chocolatier in Antwerpen und gründen im brandenburger Dorf Hornow die Confiserie Felicitas.

Autor: Jörg Tudyka

Die Schokoladen-Rohmasse bezieht man vom belgischen Weltmarktführer Callebaut, ein Garant für einzigartige Qualität.

Im Jahr 2008 eröffnete die erste Filiale in Dresden. Zwei Jahre später kam die Filiale in der Potsdamer Innenstadt dazu, sogar mit Bio-Schaumanufaktur. Im November 2018 wurde eine weitere Filiale in bester Lage in Dresden eröffnet. 2014 schließlich entstand das Schokoladenland in Hornow mit einem Werksverkauf, Café, Schoko-Kino, Mitmach- Schauwerkstatt, Spielplatz, Streichelzoo und Erlebnisscheune. Von Beginn an baute das Unternehmer- Paar auf Qualität nach belgischer Tradition. Trotz aller weltpolitischen Kapriolen hält es daran fest – erfolgreich, aber mit Mühen. Das Einkaufskonzept einer echten belgischen Chocolaterie ist vergleichsweise einfach. Die Rohmasse für Schokolade wird vom seit 1911 bestehenden belgischen Unternehmen Callebaut, dem Weltmarktführer für Schokoladen-Rohmasse, bezogen. „Das kann man mit dem traditionsbewussten Fleischer vergleichen, der sein Fleisch zur Verarbeitung nur da kauft, wo er weiß, dass Herkunft, Qualität und Produktionsbedingungen stimmen“, erzählt Goedele Matthyssen. „Wir sind aufgewachsen mit dem Geschmack.“ Bereits bei Firmengründung 1992 aber nahm Felicitas Einfluss auf die Rezeptur der Schokoladensorten, die Callebaut liefern sollte. Bis heute wird entsprechend geliefert. Extra- Bitter, Caramel, Standard … „Darauf können wir uns verlassen“, so Peter Bienstman, Ehemann von Goedele und ebenfalls Geschäftsführer. Lediglich für die Potsdamer Bio-Schokoladen-Manufaktur wählten die belgischen Lausitzer Belcolade als weiteren Lieferanten. Die Herkunft war verlässlich, die Qualität in der Verarbeitbarkeit jedoch schwankt – „doch das liegt in der Natur der Sache“, so das Schokoladen-Ehepaar.

Geschmack ist berechenbar

Letztlich geht es auch hier um konstante Qualität, um berechenbare Produkteigenschaften. Der Geschmack spielt natürlich die wichtigste Rolle, aber auch die Optik. Das belgische Reinheitsgebot für Schokolade, das mit dem deutschen Bier vergleichbar ist, was die Striktheit der Zutaten betrifft, nur eine Facette. Es geht des Weiteren um Temperaturen bei der Verarbeitung und allerbeste Zutaten. Schlichtweg offenbaren die beiden Lausitzer Chocolatiers: „Wir bestellen die auf dem Weltmarkt teuerste Rohmasse. Dazu gibt es für uns keine Alternative.“ Hilfreich zu wissen, dass Kakaobohnen, der wesentlichste Grundstoff für Schokolade, zum Spekulationsobjekt an der Börse gehören. Man könnte vom Gold des Geschmacks sprechen. Außergewöhnlich ist sicher, dass sogar der Endgenießer mittels QR-Codes auf der Verpackung recherchieren kann, woher die Zutaten für seine Gourmet- Süßigkeit kommen.

Ohne Garantien für Datum und Preis

Was braucht eine Chocolaterie neben der Rohmasse noch? Frische Butter und Sahne, Marzipan-Rohmasse, diverse Fruchtpasten sowie Nüsse, Rosinen, Cranberries, Liköre und natürlich Verpackungsmaterial. Auch hier gilt die Prämisse, so Goedele Matthyssen: „Wenn die Qualität nicht stimmt, schicken wir zurück.“ Das hat nichts mit Prinzipienreiterei zu tun, sondern mit Kundenorientierung. „Der Kunde erwartet berechenbare Qualität, wenn etwas nicht so schmeckt wie erwartet, ist er verärgert. Rechtfertigungen interessieren ihn nicht.“ Durch gesundes Wachstum ist Felicitas zum ernsthaften, verhandlungsstarken Partner geworden. Mandeln aus Sizilien, Haselnüsse, frisch geröstet aus Afghanistan? Kein Problem. Im Gegenteil: Frische steht an erster Stelle. Lagerwirtschaft an dieser Stelle wäre keine Option.

Ganz anders bei Verpackungsmaterial, denn „das Auge isst mit“. „Vor Corona“, erzählt Peter Bienstman, „haben wir ein halbes Jahr im Voraus bestellt. Jetzt sind es zwölf Monate.“ Der Wechsel von chinesischen Lieferanten auf europäische brachte wie erhofft Zusagen, aber ohne Garantie des Lieferdatums und des Preises. „Wie soll man da planen und kalkulieren?“

Die Unternehmensführung, so Goedele Matthyssen, komme somit dem „Blick in die Glaskugel“ gleich. Was bleibt? Strategisch nichts Neues, aber eben Bewährtes: mehrere Standbeine, Direkt- und Online- Verkauf, Verschlankungen im Unternehmen, zielgenaues Marketing. Perspektivisch sieht das Unternehmer-Ehepaar in der energieautarken Produktion eine weitere Maßnahme, sich vom politischen Geschehen unabhängiger zu machen. Schließlich geht es ja um die Schokoladenseite der Lausitz.

Verwandte Artikel