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01.08.2022

Neue Wege der Beschaffung

Die aktuelle Situation der gestörten und neu geregelten Lieferketten erfordert zu hinterfragen, ob bisher propagierte Strategien weiterhin Geltung haben

Autor:in: Heidemarie Hille, Lothar Wienböker

- oder ob es angebracht ist, neue Wege zu beschreiten und eventuell einen Schritt zurückzugehen.

Wer in der Vergangenheit die Begriffe global sourcing, make or buy und just in time als alternativlose Strategien bei Beschaffungen propagierte, muss nun feststellen, dass diese inzwischen nicht mehr richtig funktionieren. Inzwischen bekommt die Frage, woher die Produkte bezogen werden können, eine größere Bedeutung, denn der Lieferant muss nicht nur faire Arbeitsbedingungen für seine Arbeitnehmer garantieren und ökologisch unbedenklich produzieren, sondern es werden zurecht auch politische Maßstäbe angelegt. Insgesamt ist somit eine Neubewertung des Kaufs von Waren aus Fernost nicht nur im Hinblick auf das neue Lieferkettengesetz unbedingt notwendig.

Neue Strategien

Digitalstrategien entwickeln, um unter anderem ein vorausschauendes Bestandsmanagement einzuführen, intraorganisatorische Prozessanpassungen vornehmen und die Etablierung sinnvoller Strukturen sind somit dringend geboten.
Der Austausch eines bedenklichen Vertragspartners, nur weil ein anderer bereit ist, ohne Erpressung zu liefern, ist sicherlich keine optimale Dauerlösung.
Was nutzt es der kontinuierlichen Produktion, wenn das Material des Zulieferers – falls überhaupt Container vorhanden sind – zu spät oder überhaupt nicht eintrifft? Dann kommt zum Beispiel Eigenfertigung als mögliche Alternative, wenn auch kostenintensivere Lösung infrage, wenn Kurzarbeit vermieden werden soll.

Doch wieder Lagerhaltung und Eigenproduktion

Eine Eigenproduktion ohne Vorratshaltung ist aber oft kaum möglich und braucht Lagerraum, der nicht vorhanden ist. Die Lagerung in den sich auf den Autobahnen und den Grenzübergängen stauenden LKW hat sich als nicht optimal herausgestellt. Eine nachhaltige Beschaffung und dabei die Reduktion der Umweltbelastung nicht aus den Augen zu verlieren funktioniert so nicht. Man kann davon ausgehen, dass weniger Transporte zu weniger Umweltbelastung führen. Die Kapitalbildung durch Lagerware ist bei dem derzeitigen Zinsniveau auch anders zu bewerten als zu den Zeiten, in denen just in time propagiert wurde. Generell ist zu prüfen, ob Deutschland sich weiterhin durch global sourcing in Abhängigkeiten begibt und auf die Eigenproduktionen innovativer Techniken – insbesondere bei Erneuerbaren Energien – verzichtet.

Eine zum Beispiel in Fernost produzierte und CO2-intensiv nach Deutschland transportierte Solaranlage kann nicht wirklich dem Klimaschutz dienen. Klimaneutralität sollte auch für den Mittelstand und dabei speziell für die Gesundheitswirtschaft kein leeres Schlagwort bleiben. Es gilt also künftig: Beschaffung ist die nachhaltige ökologische und ökonomische Bereitstellung der Güter zum Zeitpunkt der Produktion.

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