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12.07.2022

Bürokratiewahnsinn: Mittelstand kritisiert Novelle zum Nachweisgesetz

Die Gesetzesänderung bedeutet einen Rückschritt für die Digitalisierung der Verwaltung und konterkariert das Vorhaben der Koalition, ein modernes Arbeitsrecht zu etablieren.

Berlin – Bürokratie ohne Ende: Mit der Novelle zum Nachweisgesetz bekommen Unternehmen weitere Vorgaben im Arbeitsrecht. Neben zahlreichen zusätzlichen Pflichtangaben sehen die Änderungen des Gesetzes vor allem vor, dass Arbeitgebende ihren Mitarbeitenden die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich und im Original unterschrieben übergeben müssen – auch bei bestehenden Verträgen. Erfolgt das nicht, droht eine Bußgeldzahlung.

„Wir sind mittlerweile höchst effizient darin, ineffizient zu sein“, klagt Markus Jerger, Vorsitzender des Bundesverbandes Der Mittelstand. BVMW, angesichts des Aufwandes, der mit dem neuen Gesetz auf die Unternehmen einprasselt. „Das Gesetz ist ein weiteres Bilderbuchbeispiel für den grassierenden Bürokratiewahnsinn: Es ist vollkommen praxisfern und geht dazu unnötigerweise deutlich über die EU-Richtline hinaus.“ Für die Unternehmen bedeute die Verschärfung des Gesetzes einen großen zeitlichen und administrativen Aufwand – gerade kleinen Unternehmen würden dafür aber jedwede Kapazitäten fehlen. Jerger: „Statt jeden einzelnen Arbeitsvertrag anzufassen, haben die Unternehmerinnen und Unternehmer angesichts der aktuellen Herausforderungen gerade Besseres zu tun – ihr Geschäft abzusichern, beispielsweise.“

Vor allem der Umsetzungszeitraum macht den Unternehmen zu schaffen: „Die Novelle soll bereits am 1. August in Kraft treten“, berichtet Thomas Hey, stellvertretender Vorsitzender der BVMW-Kommission Arbeit und Soziales, „das ist für viele Unternehmen viel zu knapp. Dazu fällt das Thema mitten in die Sommerferien, was eine weitere schnelle Umsetzung erschwert.“ Einige der nun vorgeschriebenen Informationen, beispielsweise das Enddatum bei Zweckbefristungen, ließen sich bei Antritt des Arbeitsverhältnisses zudem nur schwierig oder gar nicht bestimmen, kritisiert Hey weiter.

„Völlig aus der Zeit genommen ist die Verpflichtung, Originalunterschriften zu verlangen. Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Digitalisierung von Personalakten, für mobile und agile Arbeitsbedingungen“, so der Arbeitsrechtexperte. „Die Begründung des Bundesarbeitsministeriums, die Gerichte würden nur im Original unterzeichnete Dokumente als Beweis anerkennen, überzeugt nicht wirklich.“ Die europäische Richtlinie, auf deren Umsetzung die Änderungen beim Nachweisgesetz beruht, erlaubt ausdrücklich die elektronische Übermittlung der Information. Hey: „Das macht diese Gesetzesnovelle noch abstruser.“

„Für die Digitalisierung der Verwaltung bedeutet die Gesetzesänderung einen deutlichen Rückschritt“, ärgert sich BVMW-Chef Jerger. „Die Digitalisierung soll alles einfacher machen – nicht aufwendiger. Das Vorhaben der Koalition, ein modernes Arbeitsrecht zu etablieren, wird hier vollkommen konterkariert.“

Pressemitteilung 47/22 Nachweisgesetz  pdf / 147,8 KB

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