Das Leben außen, sagte mein brasilianischer Freund Lucio einmal, ist schon kompliziert genug. Deswegen soll das Leben innen ganz einfach sein. Hiermit möchte ich dazu einen Beitrag leisten. Denn wenn wir wissen, was wir wollen, ist das Leben recht einfach. Das klingt leichter als es ist, deswegen der Vorschlag, mit Prioritäten zu arbeiten. Je klarer dieses Prioritätensystem, desto besser.
Einfaches Beispiel: Wenn mir die Gesundheit meines Partners wichtiger ist als mein Auto, und mein Partner mich anruft und von einem Autounfall berichtet, muss die erste Frage lauten: „Wie geht es dir? Bist du verletzt?“ und nicht: „Um Gottes Willen, was ist mit dem Auto?“
Nach diesem „Was ist mir wichtig(er)“-Prinzip kann ich mein ganzes Leben sortieren: Familie vor Kundentermin, Wochenenderholung vor Erreichbarkeit, Mitarbeiterzufriedenheit vor Überstunden, Moral vor Fressen und so weiter. Wenn mir Person A wichtiger ist als Person B, komme ich nie in Gewissenskonflikte, wenn beide mich zur gleichen Zeit einladen. Wenn mir meine Frau wichtiger ist als alles andere (ist sie!), kann ich reinen Herzens alle anderen Verpflichtungen absagen, wenn sie mich braucht. Also wirklich braucht. Gleiches gilt für meine Kinder. Nicht aber für den Hund.
Wenn ich meine Unternehmensziele sauber sortiert habe, kann ich Optionen ganz leicht daran messen und entspannt entscheiden.
Dabei gibt es kein Richtig, kein Falsch, weil ein jeder diese Fragen für sich selbst beantworten und damit leben muss. So habe ich einen Unternehmerfreund nie verstanden, der sich nicht typisieren lassen wollte — zu jener Zeit, in der eine Stammzellenspende mit zwei Tagen Aufenthalt im Krankenhaus verbunden war. Seine Begründung: Wenn ich einen wichtigen Geschäftstermin habe und dann zu einer Stammzellenspende gerufen werde, will ich mich für meine Firma entscheiden und nicht in Konflikte geraten. Zum Glück ist das heute eine einfache, schnelle und sichere Sache.
Ehrlicherweise muss ich eingestehen, dass das mit dem Prioritätensystem bei weitem nicht immer klappt. Zum Beispiel, wenn wir mit einem Kuchen in der Hand (Wert: 30 Euro) stolpern und den Kuchenteller krampfhaft festhalten, anstatt unseren Unterkiefer zu schützen (Wert: 10.000 Euro). Oder wenn der eigene ethische Anspruch mit schwacher Liquidität korreliert.
Aber ich will es, ganz im Sinne meines Freundes Lucio, nicht zu kompliziert machen. Ist auch nicht nötig. Denn es ist mir viel wichtiger, einen klaren Denkanstoß zu geben als alle Eventualitäten bis ins Detail auszudiskutieren
Guido Augustin
Geschäftsführer Cornelia Augustin Home Staging
www.cornelia-augustin.de