Volker Lüdemann, currentis GmbH, Leiter des Kompetenzforums Unternehmensnachfolge des BVMW-Beratungsnetzwerks

Volker Lüdemann

Der Leiter des Kompetenzforums Unternehmensnachfolge des BVMW-Beratungsnetzwerkes im Interview

Wer inspiriert Sie in Ihrer Arbeit? 
Mich inspirieren Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen – für ihr Unternehmen, für die nächste Generation, aber auch für unsere Gesellschaft. Besonders beeindrucken mich Unternehmerinnen und Unternehmer, die den Mut haben, ihr Lebenswerk mit einem klaren Blick auf die Zukunft zu gestalten, statt nur zu verwalten. Diese Haltung ist für mich der Kern jeder erfolgreichen unternehmerischen Nachfolge.

Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?
Aktuell arbeite ich intensiv an der Frage, wie wir Nachfolgeprozesse durch digitale Tools, KI und strukturierte Entscheidungsmodelle effizienter und transparenter machen können. Dabei geht es mir nicht um die Technik an sich, sondern um die Verbindung von menschlicher Haltung, klaren Entscheidungswegen und datenbasierter Objektivität. Denn Nachfolge ist letztlich immer eine Mischung aus Emotion und Struktur. Und ohne die handelnden Menschen funktioniert in dem Bereich nichts – dafür ist die unternehmerische Nachfolge viel zu sehr emotional besetzt.

Was hat Sie motiviert, im Beratungsnetzwerk und insbesondere in einem Kompetenzforum des Beratungsnetzwerks mitzuwirken bzw. sich zu engagieren?
Das Kompetenzforum bietet mir die Möglichkeit, meine Erfahrungen mit Kolleginnen und Kollegen zu teilen – und gleichzeitig von anderen zu lernen. Ich schätze den Austausch auf Augenhöhe und die Offenheit, mit der im Netzwerk Themen wie Unternehmensbewertung, Nachfolgegestaltung oder Konfliktmoderation diskutiert werden. Mich motiviert der Gedanke, dass wir gemeinsam einen Beitrag dazu leisten, dass Nachfolge in Deutschland besser gelingt – planvoller, menschlicher und zukunftsfähiger. Und letztlich sind wir damit auch in der Lage, unser Lösungsspektrum den Mitgliedern des BVMW mit kurzen Wegen und direkter Kommunikation anzubieten.

Was war die Beratung, die Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben ist und warum?
Das war sicherlich die Begleitung eines Unternehmers, der an einen leitenden Angestellten verkaufen wollte – wirtschaftlich waren die sich schnell einig, aber die eigentliche Herausforderung war, zum einen den erfahrenen Inhaber davon zu überzeugen, dass er sich selber überflüssig machen musste und gleichzeitig den leitenden Angestellten in eine völlig neue Rolle zu führen – Unternehmer sein ist eben etwas anderes als Chef sein. Die beiden haben – jeder für sich, aber auch im Zusammenarbeiten – riesige Entwicklungsschritte gemacht, die letztlich auch das Unternehmen in eine neue Erfolgsdimension geführt haben. Und wir konnten dabei mit viel Klartext und Transparenz diesen Prozess begleiten und manches Mal extrem wertvoller Sparringspartner, aber auch Puffer bei Konfliktthemen sein. Und weil man den Menschen dabei so nahe kommt und auch über im wahrsten Sinne des Wortes existenzielle Fragen diskutiert, ist mir diese Situation in besonderer Erinnerung geblieben.

Was wäre der aus Ihrer Sicht wertvollste Tipp, den Sie Ihren Kundinnen und Kunden geben würden?
Beginnen Sie rechtzeitig – und reden Sie miteinander. Viele Nachfolgen scheitern nicht an Zahlen, sondern an unausgesprochenen Erwartungen. Eine gute Nachfolge braucht Zeit, Klarheit und ehrliche Gespräche – und jemanden, der hilft, diese Gespräche strukturiert zu führen.

Wie sieht aus Ihrer Sicht eine Beratung von morgen aus?
Beratung von morgen ist hybrid: Sie verbindet menschliche Empathie mit technologischer Intelligenz. KI wird uns helfen, komplexe Daten und Szenarien schneller zu verstehen – aber die wirklich entscheidenden Fragen werden weiterhin zwischen Menschen beantwortet. Die Zukunft der Beratung liegt in der Verbindung von Klarheit, Haltung und technischer Exzellenz.

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This or That?

Im Rahmen unseres „This-or-That“-Formats haben wir Volker Lüdemann gebeten, bei drei strategisch relevanten Themen eine klare Position zu beziehen. Seine Antworten bieten einen kompakten Einblick in zentrale Fragestellungen zum Thema Unternehmensnachfolge und zeigen, welche Schwerpunkte und Prioritäten die Arbeit seines Kompetenzforums und damit die strategische Ausrichtung maßgeblich prägen.

Externe oder Interne Nachfolge?

Wenn beide Optionen zur Verfügung stünden, würden Sie die externe oder interne Nachfolge empfehlen? Warum?

Eine pauschale Empfehlung gibt es hier nicht. Jede Nachfolgeentscheidung muss sich an der strategischen Zielsetzung und Marktpositionierung des Unternehmens orientieren.

In der Praxis zeigt sich häufig, dass geeignete interne Nachfolger – sei es in der Familie oder im Unternehmen – gar nicht erst zur Verfügung stehen oder das nötige Persönlichkeitsprofil nicht mitbringen. Das ist kein Scheitern, sondern ein realistischer Befund, der ernst genommen werden sollte.

Entscheidend für den Erfolg einer Nachfolge ist, dass ganz zu Beginn alle Optionen systematisch geprüft werden – sachlich, offen und ohne emotionale Vorannahmen. Eine interne Lösung kann enorme Stabilität und kulturelle Kontinuität bieten, eine externe Nachfolge hingegen oft neue Impulse und strategische Weiterentwicklung.

Wichtig ist: Schnellschüsse oder Wunschdenken sind selten hilfreich. Eine fundierte Analyse der Situation, der Nachfolgeziele und der handelnden Personen ist der Schlüssel. Nur wer seine Optionen wirklich versteht, kann eine Entscheidung treffen, die Bestand hat – für sich selbst, das Unternehmen und die Zukunft des Betriebs.

Börse oder auf eigene Faust?

Würden Sie die Suche nach einer geeigneten Nachfolge über einen Nachfolgebörse oder die eigene Suche bevorzugen? Bitte begründen Sie Ihre Entscheidung.

Eigentlich fehlt in dieser Gegenüberstellung eine dritte Option – nämlich die professionelle Begleitung einer Nachfolge durch spezialisierte Beraterinnen und Berater.

Eine Nachfolgebörse ist letztlich nur ein Werkzeug, ein Marktplatz – sie schafft Sichtbarkeit, aber sie ersetzt keine Strategie. Die Suche auf eigene Faust hingegen ist in vielen Fällen riskant, weil die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer zwar wissen, wie man ein Unternehmen führt, aber nicht, wie man eines übergibt.

Oder, einfach ausgedrückt: Bäcker können hervorragend Brötchen verkaufen – aber nicht unbedingt Bäckereien.

Eine erfolgreiche Nachfolge ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis eines strukturierten, geplanten Prozesses mit klarer Zielsetzung, sorgfältiger Ansprache potenzieller Nachfolger und professioneller Moderation sensibler Themen.

Und ja, Beratung kostet Geld – aber gemessen am Ergebnis ist sie fast immer die beste Investition, die ein Unternehmer in dieser Phase tätigen kann. Die Erfahrung zeigt: Die Qualität der Vorbereitung entscheidet über den Wert des Ergebnisses – finanziell, emotional und menschlich.

Kaltes Wasser oder sicherer Hafen?

Stellen Sie sich vor, Sie sind der abgebende Geschäftsführer, würden Sie eine kurze Übergabe oder eine langfristige Übergabe bevorzugen – und warum? Wie sieht Ihre Präferenz aus Sicht des übernehmenden Geschäftsführers aus und wie würden Sie diese begründen?

Eine erfolgreiche Übergabe ist weit mehr als ein formaler Akt. Gesellschaftsrechtliche Unterschriften sind wichtig – aber sie lösen keine kulturellen, strukturellen oder menschlichen Themen. Mit einer Nachfolge verändert sich das Unternehmen immer: neue Ideen, neue Führungsstile, manchmal auch neue Prioritäten. Wer das ignoriert, riskiert, dass alles „beim Alten“ bleibt – im doppelten Sinne.

Die Erfahrung zeigt, dass mehrjährige Übergabeprozesse überproportional häufig scheitern. Nicht, weil die Beteiligten es schlecht meinen, sondern weil Rollen und Verantwortlichkeiten zwar definiert, aber nicht gelebt werden. Der Altinhaber bleibt oft als „graue Eminenz“ an Bord und zieht weiter die Fäden – aus Gewohnheit, Fürsorge oder schlicht aus Angst, loszulassen. Für die Nachfolger ist das Gift: Sie tragen Verantwortung, aber keine echte Entscheidungsmacht. Daher ist aus Sicht des Übernehmers klar, dass die Präferenz auf einer kurzen, strukturierten Übergabephase liegen sollte.

Mein Rat: Eine Übergabe sollte klar strukturiert und zeitlich begrenzt geplant werden. Gerade in kleineren Unternehmen ist es entscheidend, dass gesellschaftsrechtliche und operative Verantwortung in Einklang gebracht werden. Wer formal abgibt, sollte auch faktisch loslassen – und wer übernimmt, muss bereit sein, neue Strukturen zu prägen.

Am Ende geht es nicht um „kaltes Wasser“ oder „sicheren Hafen“, sondern um einen gut vorbereiteten Kurs in neuen Gewässern – mit klarer Orientierung und Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit.

Infos zur Person

Volker Lüdemann

Infos zum Unternehmen

currentis GmbH
www.currentis.de

  • Gründungsjahr: 2011
  • Branche:  Unternehmensberatung
  • Firmensitz: Osnabrück, Niedersachsen
  • Mitarbeitende: 12
  • Funktion im BVMW-Beratungsnetzwerks: Kompetenzforum Unternehmensnachfolge