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Berlin, 15.11.2025 Lesezeit: 3 Minuten

Entgelttransparenzgesetz

Schluss mit Mythen: Was das Entgelttransparenzgesetz wirklich bedeutet – und was bald auf den Mittelstand zukommt

Autor: Nico Wittig

Gehalt in Stellenanzeigen angeben? Bewerber:innen nicht mehr nach dem vorherigen Einkommen fragen? Rund um das Thema Entgelttransparenzgesetz kursieren derzeit viele Gerüchte – und noch mehr Unsicherheit. 

Höchste Zeit, mit Mythen aufzuräumen und Klartext zu sprechen: Was gilt aktuell? Was ändert sich? Und was sollten Unternehmen aus dem Mittelstand jetzt tun?

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Entgelttransparenz: Was das Gesetz regelt – und was nicht

Das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) gilt in Deutschland seit 2017. Ziel ist die Förderung von gleichem Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit – unabhängig vom Geschlecht.

Aber: Die meisten Regelungen betreffen große Unternehmen.

Die drei zentralen Punkte im Überblick:

  • Individueller Auskunftsanspruch:
    Beschäftigte in Unternehmen ab 200 Mitarbeitenden können erfahren, wie ihr Gehalt zustande kommt – und was Kolleg:innen des anderen Geschlechts in vergleichbaren Positionen verdienen.
  • Betriebliche Prüfverfahren:
    Arbeitgeber ab 500 Mitarbeitenden sollen ihre Entgeltstrukturen regelmäßig prüfen – das ist freiwillig, aber empfohlen.
  • Berichtspflicht:
    Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeitenden müssen im Lagebericht über Maßnahmen zur Entgeltgleichheit berichten.

Also: Für die Mehrheit der Mittelständler – also Unternehmen unter 200 respektive 500 Mitarbeitenden – entstehen keine direkten gesetzlichen Pflichten. Noch nicht.

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Keine Pflicht zur Gehaltsangabe – noch nicht

Aktuell schreibt das Entgelttransparenzgesetz keine Gehaltsangabe in Stellenanzeigen vor. Unternehmen dürfen Gehaltsrahmen nennen – müssen aber nicht. Auch Fragen zum bisherigen Einkommen von Bewerber:innen sind bisher rechtlich erlaubt.

Doch das wird sich bald ändern.

Was auf uns zukommt: Die EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz

Im Mai 2023 hat die EU eine neue Richtlinie verabschiedet, die die Spielregeln für Unternehmen in ganz Europa neu definiert. Bis Juni 2026 muss sie in deutsches Recht umgesetzt werden. Und dann gilt:

  • Gehalt oder Gehaltsspanne muss im Bewerbungsprozess offengelegt werden.
  • Fragen nach dem bisherigen Gehalt sind verboten.
  • Unternehmen müssen transparente, objektive Kriterien zur Gehaltsfindung vorlegen können.
  • Es drohen Sanktionen bei Verstößen, auch im Recruiting.

Das betrifft alle Unternehmen – unabhängig von der Größe.

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Was bedeutet das für den Mittelstand?

Viele Personalverantwortliche und Geschäftsführer:innen sehen das Thema mit gemischten Gefühlen:

Verlieren wir Verhandlungsspielraum? Machen wir uns angreifbar? Wie reagieren Bewerber:innen?

Hier sind vier Punkte, die man realistisch betrachten sollte:

1. Gehaltstransparenz wird zum Wettbewerbsvorteil

Bewerber:innen – insbesondere aus der jüngeren Generation – erwarten heute Offenheit statt Poker. Wer Gehälter transparent macht, spart sich lange Verhandlungsrunden und gewinnt an Vertrauen.

2. Intransparente Gehaltsstrukturen werden riskant

Sobald die EU-Richtlinie greift, kann mangelnde Dokumentation oder Ungleichbehandlung rechtlich problematisch werden. Jetzt ist der richtige Moment, um klare Kriterien für Gehaltsentscheidungen zu entwickeln.

3. Veraltete Praktiken gehören auf den Prüfstand

„Was verdienen Sie aktuell?“ oder „Was stellen Sie sich vor?“ – diese Fragen sind bald nicht mehr erlaubt. Stattdessen braucht es verlässliche Gehaltsbänder und eine gute Kommunikationsstrategie im Recruiting.

4. HR bekommt strategisches Gewicht

Die Veränderungen sind keine „Pflichtaufgabe für HR“, sondern ein Hebel für Kulturwandel, Arbeitgeberattraktivität und Fairness – gerade im Mittelstand, wo Vertrauen und Augenhöhe zählen.

Was Sie jetzt tun können

Status quo analysieren: Wie läuft Gehaltsfindung aktuell bei Ihnen? Gibt es dokumentierte Kriterien?

Stellenanzeigen überdenken: Nutzen Sie schon jetzt freiwillig transparente Gehaltsspannen – das schafft Vertrauen.

Hiring-Prozess vorbereiten: Schulen Sie Führungskräfte im Umgang mit neuen Gehaltsfragen und sorgen Sie für konsistente Kommunikation.

Kulturthema statt Compliance-Thema: Gehaltstransparenz ist kein Risiko, sondern eine Chance für Fairness und Vertrauen.

Fazit

Noch zwingt das Entgelttransparenzgesetz die meisten Mittelständler zu wenig. Aber die EU-Richtlinie ändert das Spiel. Wer jetzt vorbereitet ist, muss später nicht hektisch reagieren. Und wer Gehalt transparent macht, punktet nicht nur bei Bewerber:innen – sondern auch beim eigenen Team.

Transparenz wird zum neuen Normal. 

Der Mittelstand hat jetzt die Chance, das Thema aktiv zu gestalten – statt sich später von Brüssel treiben zu lassen 

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