Warum Trainings allein nicht reichen und wie Unternehmen Rahmenbedingungen schaffen, in denen Führung gelingt
Schluss mit Mythen: Was das Entgelttransparenzgesetz wirklich bedeutet – und was bald auf den Mittelstand zukommt
Gehalt in Stellenanzeigen angeben? Bewerber:innen nicht mehr nach dem vorherigen Einkommen fragen? Rund um das Thema Entgelttransparenzgesetz kursieren derzeit viele Gerüchte – und noch mehr Unsicherheit.
Höchste Zeit, mit Mythen aufzuräumen und Klartext zu sprechen: Was gilt aktuell? Was ändert sich? Und was sollten Unternehmen aus dem Mittelstand jetzt tun?
Das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) gilt in Deutschland seit 2017. Ziel ist die Förderung von gleichem Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit – unabhängig vom Geschlecht.
Aber: Die meisten Regelungen betreffen große Unternehmen.
Also: Für die Mehrheit der Mittelständler – also Unternehmen unter 200 respektive 500 Mitarbeitenden – entstehen keine direkten gesetzlichen Pflichten. Noch nicht.
Aktuell schreibt das Entgelttransparenzgesetz keine Gehaltsangabe in Stellenanzeigen vor. Unternehmen dürfen Gehaltsrahmen nennen – müssen aber nicht. Auch Fragen zum bisherigen Einkommen von Bewerber:innen sind bisher rechtlich erlaubt.
Doch das wird sich bald ändern.
Im Mai 2023 hat die EU eine neue Richtlinie verabschiedet, die die Spielregeln für Unternehmen in ganz Europa neu definiert. Bis Juni 2026 muss sie in deutsches Recht umgesetzt werden. Und dann gilt:
Das betrifft alle Unternehmen – unabhängig von der Größe.
Viele Personalverantwortliche und Geschäftsführer:innen sehen das Thema mit gemischten Gefühlen:
Verlieren wir Verhandlungsspielraum? Machen wir uns angreifbar? Wie reagieren Bewerber:innen?
Hier sind vier Punkte, die man realistisch betrachten sollte:
Bewerber:innen – insbesondere aus der jüngeren Generation – erwarten heute Offenheit statt Poker. Wer Gehälter transparent macht, spart sich lange Verhandlungsrunden und gewinnt an Vertrauen.
Sobald die EU-Richtlinie greift, kann mangelnde Dokumentation oder Ungleichbehandlung rechtlich problematisch werden. Jetzt ist der richtige Moment, um klare Kriterien für Gehaltsentscheidungen zu entwickeln.
„Was verdienen Sie aktuell?“ oder „Was stellen Sie sich vor?“ – diese Fragen sind bald nicht mehr erlaubt. Stattdessen braucht es verlässliche Gehaltsbänder und eine gute Kommunikationsstrategie im Recruiting.
Die Veränderungen sind keine „Pflichtaufgabe für HR“, sondern ein Hebel für Kulturwandel, Arbeitgeberattraktivität und Fairness – gerade im Mittelstand, wo Vertrauen und Augenhöhe zählen.
Status quo analysieren: Wie läuft Gehaltsfindung aktuell bei Ihnen? Gibt es dokumentierte Kriterien?
Stellenanzeigen überdenken: Nutzen Sie schon jetzt freiwillig transparente Gehaltsspannen – das schafft Vertrauen.
Hiring-Prozess vorbereiten: Schulen Sie Führungskräfte im Umgang mit neuen Gehaltsfragen und sorgen Sie für konsistente Kommunikation.
Kulturthema statt Compliance-Thema: Gehaltstransparenz ist kein Risiko, sondern eine Chance für Fairness und Vertrauen.
Noch zwingt das Entgelttransparenzgesetz die meisten Mittelständler zu wenig. Aber die EU-Richtlinie ändert das Spiel. Wer jetzt vorbereitet ist, muss später nicht hektisch reagieren. Und wer Gehalt transparent macht, punktet nicht nur bei Bewerber:innen – sondern auch beim eigenen Team.
Transparenz wird zum neuen Normal.
Der Mittelstand hat jetzt die Chance, das Thema aktiv zu gestalten – statt sich später von Brüssel treiben zu lassen