Chancen und Risiken für mittelständische Zulieferer
Nachbericht Wertschöpfungsnetzwerk Sicherheits- und Verteisidungsindustrie am 30. Juni 2025 in Hagen
Am 30. Juni 2025 fand in Hagen ein weiterer Erfahrungsaustausch im Rahmen des Wertschöpfungsnetzwerks Verteidigung (WSN) statt. Gastgeber war die BILSTEIN GmbH & Co. KG, die als traditionsreiches Industrieunternehmen verdeutlichte, wie Werkstoffkompetenz und Hightech-Fertigung eine Brücke in die Verteidigungsindustrie schlagen können.
Die Agenda versprach Substanz – und sie lieferte: Vom Impulsvortrag über die Mechanismen des Bundeswehrmarktes bis hin zur praktischen Diskussion über Positionierung und Sichtbarkeit wurde an diesem Nachmittag klar, wo Chancen liegen und welche Hürden der Mittelstand nehmen muss.
Dr. Matthias Witt (WIMCOM GmbH) brachte die Teilnehmer mit seinem Fachimpuls direkt an die Kernfrage: Wie funktioniert das Geschäft mit der Bundeswehr – und was bedeutet das für KMU?
Seine zentrale Botschaft: Der öffentliche Auftraggeber Bundeswehr ist auf den ersten Blick ein attraktiver Kunde – zuverlässig in der Bezahlung, mit langfristigem Bedarf. Doch der Zugang ist hochreguliert, formalisiert und ohne Kenntnisse der Strukturen kaum zu meistern.
Dr. Witt zeichnete ein klares Bild der Komplexität:
Dazwischen spannt sich ein dichtes Netz aus Behörden, Inhouse-Dienstleistern (BWI, BwFuhrparkService, Bw Bekleidungsmanagement) und Gesellschaften. Wer hier andocken will, muss Prozesse, Rollen und Zuständigkeiten präzise verstehen – und seine Leistungen sauber verorten können.
Witt machte deutlich: Ohne die richtigen Zertifizierungen und Managementsysteme bleibt der Zugang verschlossen. Dazu gehören:
Auch Kenntnisse im Umgang mit dem Kriegswaffenkontrollgesetz und exportrechtliche Regularien (BAFA, ITAR) sind Pflicht.
Sein Fazit: „Das Geschäft mit der Bundeswehr ist kein Sprint, sondern ein strategischer Marsch.“
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, wie ambivalent die Lage ist:
Trotzdem: Die Chancen sind enorm. Die Verteidigungsausgaben steigen auf bis zu 3,5 % des BIP für militärische Kernaufgaben und zusätzlich 1,5 % für sicherheitsrelevante Infrastruktur. Damit entsteht bis 2035 ein Markt, der nachhaltig wachsen wird.
Eine methodische Stärke des Treffens war die Vorstellung der Matrix zur Positionierung:
Anhand eines Kaltwalzwerks wurde demonstriert, wie sich klassische industrielle Kompetenzen in Defence-Anwendungen übersetzen lassen:
Die Botschaft: Nicht jede Firma wird zum Systemhaus – aber jedes Unternehmen kann seine Nischenkompetenz strategisch einbringen.
Die Verteidigungsindustrie bietet aktuell vier große Chancen:
Gleichzeitig gilt:
Nach dem Impuls ging es in die Arbeitsphase:
Hier zeigte sich: Viele Unternehmen haben konkrete Stärken, wissen aber nicht, wie sie diese im Defence-Kontext sichtbar machen sollen. Netzwerke wie das WSN bieten dafür die entscheidende Plattform.
Das Treffen am 30. Juni hat eindrucksvoll gezeigt: Der Mittelstand sucht nicht nach Schlagworten, sondern nach konkreter Orientierung und praktischen Zugängen. Die Verteidigungsindustrie ist hochattraktiv, aber nur für jene, die bereit sind, langfristig zu investieren – in Systeme, in Netzwerke, in Zertifizierungen.
Die Diskussionen in Hagen waren kein Abschluss, sondern ein Startpunkt. Mit jedem Treffen wächst die gemeinsame Landkarte: Wo stehen wir? Welche Nischen besetzen wir? Welche Schritte gehen wir als Nächstes?
Das nächste Netzwerktreffen wird diesen Faden aufnehmen – mit dem Ziel, den Mittelstand nicht nur in die Verteidigungsindustrie hineinzubringen, sondern dort als verlässlichen, unverzichtbaren Partner zu verankern.
Ihr Ansprechpartner
Markus Krüger
Leiter des Kreisverbandes ‒ Hagen & Märkischer Kreis