Aileen Oppermann

Aileen Oppermann

Themen

Unternehmertum
11.12.2025

Aileen Oppermann

Die Geschäftsführerin der skillmasters GmbH im Interview für die Initiative „Der Junge Mittelstand“.

Autor: BVMW Bundeszentrale

Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin zu werden?

Ich war mehrere Jahre als Führungskraft im mittleren Management tätig – verantwortlich für das Qualitätsmanagement in einem mittelständischen Kundenservice. Fachlich hatte ich alles erreicht, was in diesem Bereich möglich war. Der nächste Schritt in der Unternehmenshierarchie hätte bedeutet, mich von meiner inhaltlichen Arbeit zu entfernen. Stattdessen habe ich mich für den Wechsel auf die Beratungsseite entschieden, weil ich mein Fachwissen in unterschiedlichsten Unternehmen einsetzen wollte – und weil mich die Vorstellung gereizt hat, selbstbestimmt zu arbeiten.

Was ich damals unterschätzt habe: Wie schnell man sich als Beraterin in einem goldenen Hamsterrad wiederfindet. Viele Aufträge, gutes Geld – aber jeder Projekterfolg hängt an der eigenen Person.

Heute helfen wir genau solchen Beratern und Beraterinnen, aus diesem Modell auszubrechen. Mit unserem Unternehmen unterstützen wir sie dabei, ihr Wissen zu digitalisieren und ein skalierbares Angebot zu entwickeln – damit sie mehr Kunden helfen können, ohne sich dabei selbst zu erschöpfen.

Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen.

Im Großen und Ganzen: ja. Aber ich würde mir an manchen Stellen selbst mehr Leichtigkeit wünschen. Ich habe zum Beispiel berufsbegleitend meinen Master gemacht – tagsüber Verantwortung im Job, abends an der Hochschule. Das war machbar, aber sehr fordernd. Ich habe in dieser Zeit gelernt, wie wichtig es ist, Prioritäten zu setzen und auch mal Dinge wegzulassen.

Diese Erfahrung prägt bis heute meinen Blick auf Arbeit: Nur weil etwas machbar ist, heißt das nicht, dass es sinnvoll ist. Viele Berater und Beraterinnen sind ständig in Bewegung, ohne wirklich voranzukommen. Genau da setzen wir heute mit unserer Arbeit an – Strukturen schaffen, damit sich Einsatz auch langfristig auszahlt.

Welche Entscheidung würden Sie für sich als Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?

Definitiv der Schritt in die Selbstständigkeit – ohne doppelten Boden. Kein Netzwerk, keine Übergangslösung, keine Kundenliste aus dem früheren Job. Ich hatte nur mein Wissen, meine Erfahrung und die Überzeugung, dass ich damit etwas bewegen kann.

Mein allererster Kunde war die Haufe Akademie – nicht, weil ich jemanden kannte, sondern weil ich mit einem klaren Profil und viel Hartnäckigkeit überzeugt habe. Das hat mir gezeigt: Es lohnt sich, mutig und sichtbar zu sein.

Gerade viele Berater und Beraterinnen warten zu lange darauf, „bereit“ zu sein. Dabei liegt die eigentliche Entwicklung im Tun. Ich habe gelernt: Nicht das perfekte Angebot bringt den Erfolg, sondern die Bereitschaft, loszugehen – und dann Schritt für Schritt zu lernen.

Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?

Der Anfang. Selbstständig zu sein klingt nach Freiheit – in der Realität wartet erst mal eine Menge Unsicherheit. Ich komme aus einem Umfeld, in dem niemand selbstständig ist. Meine Entscheidung wurde kritisch beäugt. Und gleichzeitig musste ich mich mit einem Berg aus Bürokratie, Steuerthemen und Versicherungsfragen auseinandersetzen – komplett allein.

Die größte Herausforderung war nicht fachlich, sondern mental: dranzubleiben, obwohl von außen Zweifel kamen und ich selbst manchmal welche hatte. Heute weiß ich, wie wertvoll diese Phase war. Sie hat mir gezeigt, wie viel innere Klarheit es braucht, um unternehmerisch zu denken – und nicht sofort wieder in alten Mustern zu landen.

Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?

Mit der Frage, warum es vielen Beratern und Beraterinnen so schwerfällt, ihre Arbeitsweise zu verändern – obwohl sie wissen, dass sie sich langfristig anders aufstellen müssten. Die meisten sind fachlich stark, arbeiten erfolgreich, verdienen gut. Aber genau das hält sie oft davon ab, ihr Modell zu hinterfragen.

Ich spreche täglich mit Menschen, die mehr Freiraum wollen, weniger Zeit in Projekten verbringen möchten – und gleichzeitig Angst haben, ihren Erfolg zu gefährden. Diese innere Spannung interessiert mich gerade sehr. Ich versuche zu verstehen, wie Veränderung gelingen kann, ohne dass sie sich wie ein Risiko anfühlt.

Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?

Wenn sich bei unseren Kunden etwas verändert – nicht nur im Ergebnis, sondern in der Haltung. Zum Beispiel, wenn jemand zum ersten Mal merkt: Ich muss nicht mehr überall selbst dabei sein, und trotzdem läuft es richtig gut. Oder wenn ein Kunde plötzlich Freiraum hat, um an seinem Unternehmen zu arbeiten, statt ständig nur im Tagesgeschäft zu stecken.

Solche Momente zeigen mir: Unsere Arbeit hat einen echten Effekt. Und das motiviert mich viel mehr als jede Auszeichnung oder jedes Kompliment.

Welche Botschaft möchten Sie frisch gebackenen Unternehmerinnen oder Gründerinnen mitgeben?

Trau dich, unbequem zu sein. Viele versuchen am Anfang, es allen recht zu machen – Kunden, Partnern, dem eigenen Umfeld. Aber das führt oft dazu, dass man sich selbst und das eigene Ziel aus den Augen verliert.

Ich habe gelernt: Du wirkst nicht professioneller oder überzeugender, nur weil du immer erreichbar, immer verständnisvoll und immer flexibel bist. Klare Entscheidungen, eine eigene Haltung und auch mal ein „Nein“ sind wichtig – gerade am Anfang.

Und: Red nicht nur mit Gleichgesinnten, sondern vor allem mit Unternehmerinnen, die schon ein paar Schritte weiter sind. Da liegt oft der größte Lerngewinn.

Mit welchen wesentlichen Maßnahmen fördern Sie in Ihrem Unternehmen gezielt Female Empowerment und geben Ihren Mitarbeiterinnen Rückenwind?

Für mich beginnt echte Gleichberechtigung dort, wo wir nicht mehr nur über Frauenförderung sprechen, sondern Strukturen und Denkmuster insgesamt hinterfragen – auch bei den Männern. Dazu gehört zum Beispiel, auf unbewusste Rollenbilder aufmerksam zu machen, Entscheidungen zu reflektieren und Raum für andere Perspektiven zu schaffen.

Ich spreche mit meinem Geschäftspartner offen über Situationen, in denen mir etwas auffällt – nicht, weil er das für mich lösen soll, sondern weil er merken soll: Diese Themen sind real. Und sie betreffen uns alle.

Ich glaube: Schweigen ist eines der größten Probleme beim Thema Female Empowerment. Deshalb müssen wir darüber reden – intern, mit Kunden, im Netzwerk. Veränderung beginnt im Kleinen.

Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von Unternehmerinnen und der Entwicklung von Frauen in Unternehmen im Allgemeinen ...

...dass wir das Thema Unternehmertum viel früher denken. In Deutschland wird Selbstständigkeit oft als Ausnahme gesehen – nicht als ernsthafte Option. Das fängt schon in der Schule an und zieht sich durch die ganze Ausbildung.

Statt Gründungen mit Vertrauen, Raum und Ressourcen zu fördern, dominieren Bürokratie und Skepsis. Und wer als Frau gründet, bekommt oft zusätzliche Hürden serviert – von der Finanzierung bis zur Wahrnehmung als Unternehmerin.

Ich wünsche mir weniger Symbolpolitik und mehr konkrete Schritte, die Unternehmertum für alle zugänglicher machen – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Branche.

Infos zur Person

Aileen Oppermann

  • Jahrgang: 1986
  • Berufsabschluss: M.A. Nachhaltigkeits- und Qualitätsmanagement
  • Position: Geschäftsführerin skillmasters GmbH
  • Selbstständig/Führungskraft seit 2018
  • Auf LinkedIn vernetzen: https://www.linkedin.com/in/aileen-oppermann/

Infos zum Unternehmen

skillmasters GmbH
https://skillmasters.de

  • Gründungsjahr: 2015
  • Branche: Unternehmensberatung
  • Firmensitz: Dresden
  • Mitarbeitende: 3
  • Mitgliedschaft in BVMW-Gremien: Beratungsnetzwerk Mittelstand

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