Stahl, der schützt. Präzision, die bleibt.
Laura Zöller
Die Co-Founderin und Partnerin der SIVENTUS GmbH im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.
Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin/Führungskraft zu werden?
Ins Unternehmertum bin ich ehrlich gesagt einfach reingewachsen; ich habe es früher weder explizit geplant noch ausgeschlossen. Ich habe zwar bereits während des Studiums in diversen Ehrenämtern Führungsrollen innegehabt und dann auch früh im ersten Job als Strategieberaterin Projektleitungsrollen übernommen. Nach einigen Jahren im Konzern in einer Leitungsposition kam dann gemeinsam mit meinem Ehemann Marc die Idee auf, eine Unternehmensberatung zu gründen, die Transformationsprojekte von der Praxis für die Praxis umsetzt. So war die Idee zu Siventus geboren – und wir haben sie dann einfach zusammen umgesetzt.
Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen.
Jeder Schritt hat mich dahin gebracht, wo ich heute bin. Insofern würde ich den Weg definitiv noch einmal genauso gehen. Der Berufsstart in der Beratung hat mir viel über Struktur, Methoden, Analyse, Stakeholdermanagement und Projektleitung beigebracht. In meinen Konzernrollen hatte ich wirklich operative Verantwortung und als Schnittstelle zur Entwicklung auch ganz direkten Produktbezug und Kundenkontakt. In allen Jobs konnte ich Reorganisationen und Transformationen leiten und vor allem auch langfristig mit umsetzen. Obwohl ich bereits Unternehmensentwicklung und -organisation an der Uni Köln studiert habe und auch diverse Weiterbildungen wahrgenommen habe, waren es vor allem die operativen Umsetzungen, die mich gelehrt haben, worauf es in meinem Metier wirklich ankommt.
Wenn ich allerdings meinem jüngeren Ich einen Ratschlag mit auf den Weg geben könnte, würde ich mir selber sagen: „Entspann dich mal, du musst nicht alles alleine können und auf einmal machen.“
Welche Entscheidung würden Sie für sich als Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?
Zum einen definitiv die Gründung unserer Firma und deren Aufbau – quasi die eigene Organisationsentwicklung! Es ist wahnsinnig erfüllend und aufregend, natürlich auch manchmal schwierig und nervenaufreibend – und ich würde es nicht anders haben wollen. Ich habe meine Perspektive auf so vieles geändert, da ich nun selber entscheiden und direkt umsetzen kann und denke nur noch in Chancen.
Zum anderen habe ich in meiner frühen Studienzeit fast zwei Jahre ehrenamtlich in Vollzeit den damals größten studentischen Wirtschaftskongress der Welt, den World Business Dialogue, mitorganisiert. Das war wirklich eine unternehmerische Aufgabe mit Anfang 20, obwohl es ja kein Geld dafür gab – endlose Stunden Arbeit, keiner hat Erfahrung, man spricht plötzlich mit DAX-Vorständen und verwaltet riesige Budgets und darf Studierende aus aller Welt als Kongressteilnehmer einfliegen. Das hat mir die Augen geöffnet, was alles möglich ist, wenn man mit einem Plan wirklich dranbleibt und mit einem super Team zusammenarbeitet. Ohne diese Erfahrung wäre ich heute nicht, wo ich jetzt bin. Auch das Netzwerk daraus ist immer noch extrem stark.
Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?
Als ich 27 war, war ich auf einem groß angelegten Transformationsprojekt in einem internationalen Großkonzern in Indonesien eingesetzt. Unser Team sollte eigentlich aus vier Personen bestehen, aus Budgetgründen wurden dann zwei draus. Am Ende ist der Projektleiter erkrankt und ich habe die zweite Projekthälfte alleine gewuppt, mit dutzenden Stakeholdern vor Ort, davon zig im Top Management – 20, 30 Jahre älter als ich. Das war das kälteste Wasser, an das ich mich erinnern kann. Denn hier gab es alle möglichen Komponenten: eine neue Organisation vor Ort aufbauen, Effizienzmaßnahmen umsetzen, einen Kulturwandel vorantreiben. Das volle Programm.
Teilweise wusste ich nicht, wo mir der Kopf steht, die Kollegen aus Deutschland waren weit weg und zeitlich zig Stunden hinter mir, aber ich habe mich immer wieder selber auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und vor allem vor Ort ein starkes Netzwerk beim Kunden aufgebaut. Am Ende war das die größte Lernerfahrung in meinen ersten Berufsjahren.
Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?
Im Bereich der Organisationsentwicklung und Transformation finde ich momentan das Thema der Selbstorganisation absolut spannend. Hierzu gibt es verschiedene Organisationsmodelle, die allesamt eher zu dem gehören, was man als moderne Organisation bezeichnen würde. Gleichzeitig sind solche Modelle immer einfacher aufgeschrieben als tatsächlich gelebt – wie man sie also in echten Firmen zum Leben erweckt, beschäftigt mich momentan sehr.
Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?
Zum einen durch die sichtbaren Ergebnisse: seien es umgesetzte Kundenprojekte, interne Themen, wie eine neue Unternehmensbroschüre oder eine weiterentwickelte Methode, oder durch Fachartikel, die ich selber geschrieben habe. Ich finde es wichtig, auch aus sich selbst heraus Zufriedenheit herstellen zu können.
Es freut mich aber natürlich besonders, wenn Kunden wirklich happy sind und wir einen echten Unterschied für sie machen konnten – wenn sie uns von sich aus Testimonials anbieten und uns weiterempfehlen. Natürlich macht auch solches Feedback sehr glücklich, denn wir arbeiten schließlich ja, damit unsere Kunden erfolgreicher werden!
Welche Botschaft möchten Sie frisch gebackenen Unternehmerinnen oder Gründerinnen/Führungskräften mitgeben?
Seid mutig, geht euren Weg, holt euch eine tolle Mentorin, die euch inspiriert. Seid reflektiert, fokussiert euch auf eure Persönlichkeitsentwicklung, dann verliert ihr zum einen trotz 1000 To-Dos nicht das Ziel aus den Augen und zum anderen werdet ihr dadurch eine bessere Führungskraft. Mir hat es auch sehr geholfen, meine eigenen Werte und die meiner Firma klar zu definieren und zu vertreten.
Und: gebt auch selber zurück! Sich nicht nur auf meine Firma und mich zu konzentrieren, sondern auch schon in der Gründungsphase in verschiedenen Ehrenämtern und mit einem Teil unseres Umsatzes anderen zu helfen, finde ich wahnsinnig erfüllend.
Mit welchen wesentlichen Maßnahmen fördern Sie in Ihrem Unternehmen gezielt Female Empowerment und geben Ihren Mitarbeiterinnen Rückenwind?
Als noch im Aufbau befindliche Firma ist das noch ohne ganz konkrete, formalisierte Maßnahmen möglich. Wir achten generell sehr auf ausgewogene Besetzungen und suchen beispielsweise bei unserem Beirat, den wir demnächst gründen werden, explizit auch nach weiblichen Mitgliedern, um in allen Belangen eine Balance herzustellen. Ich bin selber in verschiedenen Frauennetzwerken aktiv und dadurch sehr sensibilisiert für das Thema Female Empowerment. Außerdem bin ich Mentorin für Frauen am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn.
Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von Unternehmerinnen und der Entwicklung von Frauen in Unternehmen im Allgemeinen ...
…, dass sie mit gutem Beispiel vorangehen und sich zumindest darum bemühen, ein halbwegs ausgewogenes Verhältnis an Frau und Mann in ihrer eigenen Parteiarbeit herzustellen. Das muss nicht zwingend über Quoten geschehen, sondern vielmehr durch ein Umdenken und weniger festgefahrene Geschlechterrollen. Wenn Frauen nicht in der Politik repräsentiert werden, werden auch oft politische Lösungen eher aus der männlichen Perspektive geschaffen. Dass beispielsweise Vereinbarkeit immer noch nur auf dem Papier möglich ist und in den Köpfen vieler Personen immer noch eine reine Frauenaufgabe ist, ist ein gesamtgesellschaftliches Thema, auf das die Politik aber definitiv einen großen Einfluss hat.
Welches Buch empfehlen Sie angehenden Unternehmerinnen/Führungskräften?
Ich liebe Bücher, aber wenn ich nur eins empfehlen darf: „Atomic Habits“ von James Clear. Es zeigt wirklich einfach umsetzbar auf, wie man mit personalisierten Routinen endlich alles schafft, was man sich vornimmt. Das ist privat wie beruflich extrem hilfreich und hilft mir sogar in der Organisationsentwicklung. Alleine schon das Buch zu lesen, motiviert mich – es ist angenehm, zu lesen, praxisorientiert und einfach wirklich hilfreich.
Womit schaffen Sie in Ihrer Freizeit einen Ausgleich zu Ihrem Arbeitsalltag?
Meine zwei liebsten Hobbies sind das Kochen (und Essen) sowie die High-End Audiowelt. Ich kann mich stundenlang mit unserem HiFi-Setup, aber vor allem auch mit Musikhören beschäftigen. Vor allem Platte zu hören, empfinde ich als sehr erdend: erst die Platte reinigen und ggf. in die Plattenwaschmaschine zu geben, den Röhrenverstärker vorheizen zu lassen und dann später wirklich ohne Hektik in die Musik einzutauchen.
Beim Kochen finde ich es toll, Rezepte zu planen, einzukaufen, alles vorzubereiten und dann zu sehen, wie (gemessen an einem Organisationsprojekt) schnell daraus ein fertiges Essen wird, bei dem die Menschen zusammenkommen.
Was wäre der Soundtrack zu Ihrem Weg in die Selbstständigkeit/zur Führungskraft?
Definitiv alles Mögliche aus dem Symphonic und Progressive Metal-Bereich, der übrigens sehr frauendominiert ist. Insbesondere Nightwish, Epica und Ayreon. Hier zählen noch echte Kompositionen, echte Gesangstechnik, echte Orchester… diese Musik begleitet mich schon viele Jahre und lässt mich in ganz andere Welten eintauchen.
Ein guter Tag beginnt für mich mit …
… meinem Journal zur Fokussierung und Tagesplanung, etwas Sport und nach Möglichkeit Sonnenlicht. Erst später folgen dann 1, 2 Tassen Kaffee, oft beim Lesen eines Fachbuchs oder der BrandEins. Dann mache ich mich fertig und gehe energiegeladen ins Büro oder zum Kunden.
Wer war Ihre wichtigste Begleitung auf dem Weg in die Selbstständigkeit/zur Führungskraft?
Definitiv mein Mann. Wir sind seit zwölf Jahren zusammen, also seit Beginn meiner Berufslaufbahn, und er war zu jedem Zeitpunkt mein größter Unterstützer. Er hat mich immer ermutigt, meine eigene Meinung zu vertreten, pointiert „Nein“ zu sagen und mir viel zuzutrauen. Er ist für mich die wichtigste Vertrauensperson privat als auch beruflich und natürlich auch durch die gemeinsame Firma mein liebster Geschäftspartner.
Warum ist ein starkes Netzwerk für Unternehmerinnen/Führungskräfte besonders wichtig?
Weil Allein-gegen-die-Welt-Stories nur im Kino cool sind! Das richtige Netzwerk macht dich besser. Es hilft dir dabei, neue Perspektiven aufzudecken. Du kannst von der Erfahrung anderer lernen und kannst Fehler vermeiden. Du kannst mit deiner eigenen Erfahrungen anderen helfen. Jeder kann etwas, das du nicht kannst und umgekehrt. Und noch dazu: es macht einfach Spaß, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen!
Laura Zöller
SIVENTUS GmbH
https://www.siventus.com/