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Berlin, 15.10.2025 Lesezeit: 3 Minuten

Wenn Mitarbeiter nerven – liegt das selten an den Mitarbeitern

Dienstag, 7:12 Uhr – die Kaffeemaschine, die unsere Führung rettete

Autor: Rolf Hempel - b-steps GmbH

Er fällt oft im Affekt – wenn Kommunikation stockt, Abläufe klemmen oder Erwartungen nicht erfüllt werden. Doch selten steckt Unwille dahinter. Meist sind es Systemfehler: unklare Zuständigkeiten, widersprüchliche Erwartungen oder fehlende Entscheidungswege.

Ich stand an diesem Morgen früher als sonst in der Halle. Der Geruch von Schmieröl, ein leises Surren aus der Fräse, zwei Kolleg:innen, die so taten, als würden sie die neue Lieferliste zum ersten Mal sehen. Und ich – Unternehmer, eigentlich mit einem Plan für die Woche. Eigentlich.

Am Vorabend hatte uns ein Großkunde telefonisch gekündigt. 38 % Umsatz? Weg. So, als hätte jemand den Hauptschalter umgelegt. Ich merkte, wie sich in mir zwei Stimmen stritten: die eine wollte sofort Tabellen bauen, Mails verschicken, Druck machen. Die andere flüsterte: „Jetzt zeigt sich, wie du wirklich führst.“ Krisen sind Röntgenbilder der Kultur – sie machen sichtbar, was vorher schon da ist, nur besser kaschiert. 

Also habe ich etwas getan, das ich mir viel früher hätte angewöhnen sollen: Ich habe das Team an die Kaffeemaschine geholt – nicht in den Meetingraum. „Kein Theater, kein Schuldzuweisen“, sagte ich. „Klartext. Und wir packen das gemeinsam an.“ In Krisen funktionieren drei Dinge besser als jede PowerPoint: Ehrlichkeit (was ist wirklich los?), Haltung (wer übernimmt Verantwortung?) und Beteiligung (wer bringt welches Puzzleteil ein?). 

Die 15-Minuten, die alles drehten

Wir nannten es „Kaffeemaschinen-Runde“: jeden Morgen 15 Minuten im Stehen, nur drei Fragen:

  1. Was ist seit gestern klarer geworden?
  2. Wo hängt es – konkret?
  3. Wer hilft wem – bis wann?

Das Format kannte ich aus der Distanzführung: kurze, menschliche Check-ins, in denen es erlaubt ist, nicht ok zu sein – aber verboten, im Ungefähren zu bleiben. Wir haben es damals „Küchendialog“ getauft. Der Effekt war frappierend: Aus „Die da drüben antworten nicht“ wurde „Ich rufe Lena bis 10:30 an und kläre die Maßzeichnung“. Aus „Wir sind überlastet“ wurde „Auftrag 1142 pausiert, weil Teil XY fehlt; Alternativlieferant prüfe ich bis morgen.“ Diese kleinen, regelmäßigen Anker ziehen Teams aus der Ohnmacht. 

Der schönste Satz der Woche

Am dritten Tag sagte Jonas aus der Montage: „Chef, ich weiß nicht, ob ich’s darf – aber ich schlage vor, wir zerlegen den Großkunden in fünf mittlere.“ Zwei Wochen später hatten wir exakt das: keine majestätische Lösung, sondern fünf pragmatische. Der Umsatz war nicht auf Vor-Krisen-Niveau, aber wir waren wieder handlungsfähig. Und das Wichtigste: Der Blick ging nach vorn.

Wir haben ein heiliges Kuh-Ritual geschlachtet: Einarbeitung

Wir mussten uns eingestehen: Wir hatten Neue bisher „ins kalte Wasser“ geworfen und gehofft, dass sie schwimmen. In ruhigen Zeiten fällt das nicht auf; in der Krise wird es teuer. Also haben wir drei Dinge umgestellt:

  • 30-60-90-Plan: Was kann jemand nach 30/60/90 Tagen – messbar, sichtbar, überprüfbar.
  • Buddy-Prinzip: Jede:r Neue bekommt eine Ansprechperson, die Blockaden räumt.
  • „Erwartungen in Klartext“: Weniger Handbuch, mehr „So sieht Erfolg bei uns in Woche 3 aus.“

Das hat Tempo gebracht – nicht nur gefühlt. Wer gut eingearbeitet ist, erreicht die volle Leistung deutlich schneller und bleibt messbar länger – die Studienlage ist da eindeutig. Uns hat das den Unterschied gemacht zwischen „ständig Feuerwehr spielen“ und „endlich arbeiten“. 

100 % Rückmeldung – weil der Köder dem Fisch schmecken muss

Noch ein Aha-Moment: Wir hatten wichtige Infos über ein neues Tool verschickt – fein, ordentlich, DSGVO-sauber. Zwei von 30 Leuten lasen’s. Frust. In der Krise haben wir gefragt: „Welcher Kanal wirkt bei dieser Botschaft?“ Antwort: eine kurze, klare Nachricht – dorthin, wo die Leute wirklich lesen. Ergebnis: 100 % Rückmeldung in 24 Stunden. Kein Heldentum, nur Pragmatismus: Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. 

Was ich (mir) in Krisen sage

  • „Ich übernehme Verantwortung.“ Nicht: „Niemand konnte das ahnen.“
  • „Wir reden über Fakten, nicht über Vermutungen.“ Was ist beobachtbar?
  • „Entscheidung > Perfektion.“ 80 % heute schlägt 100 % zu spät.
  • „Jede:r bekommt eine Rolle.“ Beteiligung statt Bühne für Einzelhelden.
  • „Wir verlernen nichts Gutes nach der Krise.“ Rituale, die tragen, bleiben.

Und der Mensch?

Ich habe in diesen Wochen so viel gelernt wie selten: Dass Charakter lauter führt als Kompetenzprofile. Dass Nähe im Alltag (ja, an der Kaffeemaschine!) klüger ist als noch ein KPI. Und dass Teams wachsen, weil es unbequem ist – wenn man ihnen die Chance gibt, mitzuwirken. Genau das ist Führung: nicht kontrollieren, sondern Orientierung geben. 

Einladung

Wenn Sie solche Routinen in einem Vormittag in Ihre Mannschaft bringen wollen – sprechen wir. Oder kommen Sie zum b-steps summit am 18. November 2025 in Berlin; dort zeigen wir, wie Sie in Krisen Orientierung geben und Vertrauen stärken – ohne Zauberei, mit Wirkung. 

Über den Autor
Unternehmer, Wanderer, Möglichmacher. Ich helfe Führungsteams, aus Alltagskrisen Wachstumsmotoren zu bauen – mit Klartext, Haltung und Beteiligung. Wenn Sie beim Lesen gedacht haben „Den möchte ich kennenlernen“: Das war der Plan.

Hinweis:

Am 18. November 2025 bietet der b-steps summit in Berlin die Gelegenheit, genau an diesen Hebeln praktisch zu arbeiten – mit echten Fällen, klarer Struktur und erprobten Methoden. Infos unter

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