Mittelstand Digitalzentrum Berlin trifft Business
Karin Becker in der Wuhlheide Berlin
Führungskräfte-Coaching, Organisationsberatung - und Naturführung in einem? Ja, das passt wunderbar!
Unternehmen sind auch nur lebendige Systeme: Sie wachsen und stehen niemals still, sie brauchen dabei Strukturen – und bisweilen knirscht es.
Ein Interview mit Karin Becker über ihre Weiterbildung als Stadtnaturführerin - und wie es gelingt, im Coaching die Impulse aus der Natur für die Unternehmensentwicklung zu nutzen.
Karin, du hast gerade eine achtmonatige Ausbildung zur Stadtnaturführerin abgeschlossen. Wie kam es dazu, dass du dich – neben deiner Arbeit als Coach und Beraterin – so intensiv mit Natur und Ökologie beschäftigt hast?
Das hat sich aus meiner eigenen Praxis entwickelt. Ich bin seit Jahren viel draußen unterwegs, oft wandernd im Berliner Umland. Anfangs war das einfach Auszeit, aber sehr oft kamen mir genau dabei die besten Ideen. Also habe ich begonnen, diese Touren gezielt für strategische Fragen zu nutzen. Und irgendwann – wieder auf so einer Wanderung – kam der Entschluss: Das will ich auch für meine Klientinnen und Klienten nutzbar machen!
Und dann hast du direkt eine Ausbildung gemacht?
Ja, die Idee hat sofort bei mir eingeschlagen. Natur ist zu vielseitig, um sie bloß als Kulisse zu nutzen. Ich wollte fundiertes Wissen – nicht nur persönliche Erfahrung. Die Ausbildung zur zertifizierten Natur- und Landschaftsführerin der Stiftung Naturschutz Berlin war dafür ideal.
Was hat dich an der Ausbildung besonders fasziniert?
Schon beim ersten Blick ins Programm war ich beeindruckt, wie vielseitig und fundiert es ist: von Botanik bis Wasserhaushalt, von der Prägung der Region durch die Eiszeiten bis zum Dauerwaldvertrag von 1915. Dazu viel Methodisches wie Wildnispädagogik oder Kommunikation – keine verklärte Naturromantik, sondern solides Wissen, das ich am Ende auch in einer Prüfung nachweisen musste.
Also viel Zeit im Seminarraum?
Zum Glück nicht nur! Wir waren viel auf Exkursionen, wirklich in ganz Berlin unterwegs. Und das hat es besonders greifbar gemacht.
Zum Beispiel ein Erlebnis: Mit dem Berliner Wildtierexperten standen wir im Tegeler Fließ, als er hochschaute, weil eine Gruppe Vögel laut Radau machte. Er suchte – und entdeckte einen jungen Waschbären, der oben im Baum saß, tagsüber völlig untypisch. Vermutlich ein Jungtier, das es nicht rechtzeitig nach Hause geschafft hatte und nun Ärger von den Vögeln bekam, die ihn als Eindringling sahen.
Diese Szene war für mich sinnbildlich: Die Strukturen so gut zu kennen, dass man aufmerksam wird, wenn etwas „nicht stimmt“, auch wenn es anderen gar nicht auffällt. Genau diese Sensorik für die kleinen Unstimmigkeiten und die Bereitschaft, dann auch wirklich hin zu schauen, ist auch in der Führungsrolle unbezahlbar!
Was hat sich durch die Ausbildung konkret in deiner Arbeit verändert?
Ich nutze die Natur heute gezielter als Resonanzraum. Ich biete Coaching-Spaziergänge und Wanderungen an, bei denen Bewegung, Umgebung und Themen ineinandergreifen. Was uns buchstäblich über den Weg läuft, kann Teil des Prozesses werden.
Gerade für Führungskräfte oder -teams – und auch für Nachfolgepaare – ist das extrem wirkungsvoll: eine grüne Umgebung bringt Abstand, neue Blickwinkel und Inspiration. Die meisten Coaches arbeiten ja mit Bildkarten oder Figuren, aber die Natur hat definitiv mehr davon! (lacht)
Apropos Vielseitigkeit: Du bist Coach, Beraterin für agile Arbeitsweisen, Mediatorin – und jetzt auch Naturführerin. Ist das nicht etwas unübersichtlich?
Für mich ist das wie ein Puzzle. In meinem Berufsleben sind viele Kompetenzen und Erfahrungen zusammen gekommen. Das hatte zwar alles Verbindungen, aber es war auch Stückwerk. Das Naturcoaching ist jetzt das zentrale Stück, das sich in der Mitte des Puzzels einfügt und alles zusammenhält.
Denn in der Natur wie in der Organisations- und Personalentwicklung braucht es vieles zugleich: einen Samen, der auf fruchtbaren Boden fällt, ein passendes Umfeld und vielleicht Unterstützung – und Strukturen, damit etwas Stabiles entstehen kann. Und nicht zuletzt: Zeit, damit sich die Dinge entwickeln dürfen.
Das ist ein toller Vergleich! Aber da du die Zeit ansprichst: Jetzt wird es ja gerade Herbst und Winter. Gehst du das ganze Jahr raus?
Im Wesentlichen: Ja. Im Winter nicht so lange am Stück, sicher kein umfangreicher Workshop irgendwo am See, wie man es im Sommer gut machen kann. Aber gerade in der dunklen Jahreszeit hilft es enorm, mal raus zu kommen und dabei auch die Gedanken in Bewegung zu bringen. Egal ob Entscheidungen oder Konfliktgespräche: wenn man schon gemeinsam in die gleiche Richtung läuft, lässt sich das meist deutlich leichter besprechen! Und auch wenn man sich freut, danach wieder ins Warme zu kommen: Spaziergänge geben immer Energie - und Klarheit!
Vielen Dank für das Gespräch!
Karin Becker begleitet Führungskräfte und Führungsteams in Veränderungsprozessen – drinnen wie draußen. Neben klassischen Coachings und Beratungsformaten bietet sie regelmäßig offene Coaching-Spaziergänge an, die Bewegung, Reflexion und Perspektivwechsel miteinander verbinden.