Der BVMW beim 12. Berliner Unternehmerinnentag am 20. Juni 2025
Marco Kassler | © BIFI
Dr. Anke Skopec im Portrait
Wenn Gründerin Dr. Anke Skopec heute auf 15 Jahre Berliner Institut für Innovationsforschung zurückblickt, wirkt ihre Reise fast wie ein Lehrbuch voller mutiger Entscheidungen. Was 2010 als kleines Datenlabor in Berlin-Friedrichshain begann, ist heute eine feste Stimme des deutschen Mittelstands. “Ich wollte beweisen, dass Forschung kein Luxus für Konzerne ist, sondern ein Werkzeug, das den Mittelstand stark machen kann”, erinnert sich Skopec.
Von Beginn an verband BIFI Datenanalyse mit ganz konkreten Fragen: Welches Produkt überzeugt, welcher Preis trägt, welche Zielgruppe reagiert am besten? Statt nur Zahlen zu liefern, entwickelte das Team eigene Methoden – etwa den ‘Feature Balance Indicator’ oder den ‘Nine Yards Price Detector’. Diese Tools veränderten nicht nur die Arbeit im Haus, sondern prägten langfristig das Beratungsangebot. „Wir wollten Forschung aus dem Elfenbeinturm holen – und plötzlich merkten wir, dass wir Türen aufstoßen, an die vorher keiner gedacht hat.“
Schon kurz nach der Gründung suchte das Institut die Bühne, um seine Ansätze sichtbar zu machen. 2011 stellte BIFI auf der renommierten ESOMAR-Konferenz erstmals seine Methoden vor – es war der internationale Ritterschlag für die Verbindung von Datenanalyse und praktischer Markt Anwendung. „Das war unser erster Beweis, dass wissenschaftliche Tiefe auch im internationalen Kreis des Marketings und der Marktforschung Gewicht haben kann“, erinnert sich Skopec.
Kurz darauf begann der Teamaufbau in Berlin-Friedrichshain: ein kleines Quartier voller Start-ups, das perfekt zur Pionier-Atmosphäre passte. 2013 folgte schließlich einer der entscheidenden Schritte: die Listung im Förderprogramm ‘TransferBONUS’. Damit war das Institut nicht nur als wissenschaftliche Einrichtung offiziell anerkannt, sondern eröffnete vor allem Kund:innen einen einzigartigen Vorteil: Die Möglichkeit, fortan wissenschaftlich fundierte Studien des BIFI bis zu 100 Prozent fördern zu lassen – ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland, das es Start-ups wie auch Mittelständlern ermöglichte, wissenschaftliche Marktforschung (Nutzerforschung) in einer Tiefe zu nutzen, die sonst kaum bezahlbar gewesen wäre. Ein früher Beweis dafür, dass sich Beharrlichkeit und Forschungsnähe im Mittelstand auszahlen können. Für viele wurde der TransferBONUS so zum Türöffner in ein Marktverständnis, das auf solider Datengrundlage statt bloßem Bauchgefühl beruhte.
Doch der Weg war nicht nur eine Erfolgskurve. Frühe Partner stiegen aus, das Projekt ‘KaDeTe – Kaufhaus des Testens’ wurde nach einer juristischen Auseinandersetzung in ‘Feedback Factory – das Testkaufhaus’ umbenannt. Rückblickend nicht die einfachste Zeit. „Nichts prägt stärker als die Momente, in denen etwas scheitert. Daraus entstehen Kraft und Klarheit“, sagt Skopec nachdenklich.
Tatsächlich wurde gerade die ‘Feedback Factory’ zu einem der strahlendsten Kapitel in BIFIs Geschichte. Dieses ‘Testkaufhaus’ mitten in Berlin war ein Experiment: Verbraucher:innen konnten neue Produkte probieren und bewerten, bevor sie in den Handel kamen. Tausende Menschen strömten hinein, Medien berichteten bundesweit, ein Europäischer Innovationspreis folgte. „Die Feedback Factory war unser größtes Abenteuer – riskant, verrückt, aber ein Seismograph für die Innovationslust in Deutschland.“
Ein weiterer Meilenstein war die Akkreditierung im Coaching BONUS-Programm des Landes Berlin. Es war ein Qualitätssiegel, das BIFI nicht nur Reputation, sondern auch Zugang zum Herz des Mittelstands verschaffte. Längst beschränkt sich BIFI nicht mehr auf Forschung.
Heute berät das Unternehmen Start-ups, begleitet Innovationsnetzwerke und gestaltet Politik mit. 2019 startete das Team die ‘Innovation Journey’, ein Format, das InnoLabs und Serial Innovators methodisch bei der Fahrt von der Idee bis zur Marktreife unterstützt. Kurz darauf, 2020, gründete BIFI das erste Innovationsnetzwerk für Künstliche Intelligenz im stationären Handel – mit dem Ziel, der Verödung von Innenstädten entgegenzuwirken und neue Räume für soziale Interaktionen zu schaffen.
Den vorläufigen Höhepunkt markierte 2023 die Auszeichnung zur Berliner Unternehmerin des Jahres. Für Dr. Anke Skopec war das mehr als ein persönlicher Preis: „Die Auszeichnung ist kein Schlusspunkt, sondern eine Einladung, noch lauter zu werden – für das, was Gründerinnen und der Mittelstand bewegen können.“ Doch bereits ein Jahr später folgte ein weiterer bedeutender Schritt: 2024 wurde Skopec in das Unternehmerinnen-Komitee des BVMW berufen, das zentrale Sprachrohr für Unternehmerinnen im größten deutschen Mittelstandsverband. Gleichzeitig übernahm sie Verantwortung auf Bundesebene: als Jury-Mitglied im DATI-Pilot-Programm des Bildungsministeriums, das über Fördermittel in dreistelliger Millionenhöhe entscheidet, sowie als Transfer-Beraterin des Bundeswirtschaftsministeriums. „Als Mitglied dieser Jury entscheide ich mit, welche Ideen in Deutschland eine Chance auf Förderung erhalten – und als Transferberaterin beim BMWK arbeite ich daran, die Rahmenbedingungen für Innovation im Mittelstand zu verbessern. Ich darf also nicht nur über einzelne Projekte urteilen, sondern auch die große Linie mitgestalten.“ Damit rückte Skopec in einen exklusiven Kreis von Expert:innen auf, die nicht nur einzelne Unternehmen begleiten, sondern auch an der Schnittstelle von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gestaltend wirken. Ein weiteres Signal, dass sich aus dem Berliner Institut für Innovationsforschung längst eine Stimme entwickelt hat, die weit über Berlin hinaus Gewicht besitzt.
Was hat sie in dieser Zeit am meisten gelernt? „Resilienz“, sagt Skopec ohne zu zögern.
„Man braucht Mut für Experimente, Geduld für Rückschläge und man muss ein gutes Netzwerk aufbauen. Ein Netzwerk ist wie ein doppelter Boden: Man traut sich höhere Sprünge, weil man weiß, man fällt nicht ins Leere.“ Skopec ergänzt außerdem: “Das Fachwissen ist wichtig, aber Durchhaltevermögen und Empathie sind die eigentlichen Schlüsselqualifikationen!”
Dass sich BIFI nie gescheut hat, ungewöhnliche Wege zu gehen, zeigen auch kleinere Episoden. 2015 zum Beispiel setzte man auf Guerilla-Marketing und erzeugte damit Aufmerksamkeit weit über den erwarteten Rahmen hinaus: ein Beweis dafür, dass Kreativität oft mehr Wirkung entfaltet als große Budgets. Auch die Akquise-Strategie von 2021 steht für diese Wandlungsfähigkeit: von reinem Empfehlungsvertrieb hin zu neuen, direkten Ansprachen. „Es war fast spielerisch – wir haben sogar unsere Präsentationen mit einem Einhorn-Icon versehen, aber genau dieser Mut zu anderen Tönen hat uns neue Türen eröffnet“, erzählt Skopec lachend. Ein Jahr später folgte die Neuausrichtung der Corporate Identity: vom nüchternen Würfel-Logo hin zu einer modernen Bildmarke. Gedrehte Buchstaben symbolisieren seither den Perspektivenwechsel, der BIFI auszeichnet.
Auch die Rolle von Frauen im Mittelstand hat sich ihrer Meinung nach deutlich verändert. „Noch vor fünfzehn Jahren musste ich mir meinen Platz am Tisch erkämpfen. Heute sind die Erwartungen an Frauen in Führungspositionen deutlich gestiegen und damit auch die
Chancen! Wer heute sichtbar ist und seine Stimme erhebt, kann heute deutlich mehr bewegen als noch vor 15 Jahren – und das sollten wir Frauen auch nutzen”, erzählt Skopec. Für nachhaltigen Erfolg sieht sie drei Faktoren: Innovationskraft, Resilienz und Sichtbarkeit.
Für Dr. Anke Skopec gibt es drei Erkenntnisse, die sie besonders an junge Unternehmerinnen weitergeben möchte. An erster Stelle steht für sie das Netzwerk. „Es geht nicht nur um Kontakte, sondern um gegenseitige Unterstützung und Inspiration. Wer ein starkes Netzwerk pflegt, gewinnt nicht nur Reichweite, sondern auch Rückhalt.“ Ebenso wichtig sei das Selbstvertrauen. „Gerade am Anfang wird man oft unterschätzt. Mein Rat: Beharrlichkeit zahlt sich aus“, betont sie. Und schließlich spricht sie ein Thema an, das heute viele von uns bewegt – die Work-Life-Balance. Hier geht es aus ihrer Sicht weniger um ein starres Gleichgewicht, sondern vielmehr um bewusste Priorisierung: „Es gibt keine perfekte Balance. Mal braucht das Unternehmen mehr Aufmerksamkeit, mal das Private. Entscheidend ist, diese Dynamik anzunehmen, statt sich davon unter Druck setzen zu lassen.“
Die Ziele sind klar: Mit der Aufnahme ins Netzwerk Berlin Partner und dem neuen Siegel ‘Innovation Approved’ will das BIFI auch künftig die Innovationslandschaft prägen. Zudem erscheint 2025 der Sammelband „Aufbruch Mittelstand – Eine Zukunftsvision für die deutsche Wirtschaft“, in dem Skopec ein eigenes Kapitel beisteuert. „Unser Ziel ist es, nicht nur zu beraten, sondern den Transformations- und Innovationsgeist auch nach außen zu tragen – bis hinein zum Regal, wo Kundinnen und Kunden den Unterschied sehen können.“
„In der Zukunft wird Erfolg im Mittelstand nicht mehr an Größe, sondern an der Wandlungsfähigkeit bemessen“, ist sie überzeugt. Drei Trends sieht sie für die kommenden Jahre besonders entscheidend: Digitalisierung, nachhaltige Geschäftsmodelle und mehr weibliche Führung im Mittelstand. „In fünfzehn Jahren wünsche ich mir, dass es selbstverständlich ist, Frauen in Spitzenpositionen zu sehen. Dann brauchen wir keine Quoten-Debatten mehr, weil Vielfalt längst Realität geworden ist.“
Marco Kassler | © BIFI
Zum Abschluss ihres Rückblicks richtet sich Skopec direkt an den Mittelstand:
„Die vergangenen Jahre haben gezeigt: Mit Mut und Ausdauer kann man auch aus kleinen Ideen große Entwicklungen anstoßen. Ich wünsche mir, dass noch mehr Frauen im Mittelstand diesen Weg gehen; nicht als Ausnahme, sondern als selbstverständlicher Teil unserer Wirtschaftskraft. Und dass BIFI weiter eine Plattform bleibt, die für Innovationskraft und Zukunftsmut Räume schafft. “
Dr. Anke Skopec
BIFI – Berliner Institut für Innovationsforschung GmbH