Q 33 und BVMW am 07. April 2025
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Die digitale Revolution schreitet nirgends so schnell voran wie in Afrika.
Die 4G- und 5G-Abdeckung ist in vielen afrikanischen Ländern besser als in Deutschland. Viele der Erfindungen zur Bekämpfung von COVID-19 gab es zuerst in Afrika. Der Kontinent bietet ein dynamisches Ökosystem und viele junge Talente, um neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Start-ups und Apps im Bereich der Finanztechnologie (Fintech) wachsen exponentiell in Afrika. Es wird geschätzt, dass der afrikanische Markt für elektronischen Zahlungsverkehr bis 2025 jährlich um 20 Prozent auf 40 Milliarden US-Dollar wachsen wird, während die Branche weltweit im gleichen Zeitraum nur um 7 Prozent zulegen soll. Zu den innovativen Fintech-Instrumenten gehören der kenianische Online-Bezahldienst M-Pesa, der über 50 Millionen Kunden hat sowie ähnliche mobile Finanzdienstleister wie Bank Zero (Südafrika), M-Pawa (Tansania), FirstMobile (Nigeria), Mokash (Uganda und Ruanda) und MoMoKash (Côte d’Ivoire). Diese Apps bieten erhebliche Mehrwerte für ihre Kunden – sie sind bis zu 80 Prozent günstiger, die Zinsen auf Sparguthaben sind bis zu dreimal höher als bei traditionellen Anbietern, während die Kosten für Überweisungen bis zu sechsmal niedriger sind. Auch erfordert mobiles Geld weder eine Internetverbindung noch ein Bankkonto.
Weitere Innovationen in dem Bereich sind informelle digitale Spargruppen, die nur auf Einladung bestehen (wie Stokvels), Apps, die afrikanische Unternehmen mit Investoren aus der ganzen Welt zusammenbringen (wie M-Changa), Unternehmen, die eine Blockchain- basierte Smart-Contracting-, Zahlungs- und Marktplatz- Plattform für Landwirte ohne Bankverbindung in ländlichen Gebieten Afrikas anbieten (wie Cellulant) oder Apps für innovative Kreditvergaben (wie OneFi).
In vielen afrikanischen Ländern sind fortschrittliche Technologien im Gesundheitsbereich erfolgreich integriert und helfen beim Abbau traditioneller infrastruktureller Herausforderungen. Uganda hat bereits vor über einem Jahrzehnt ein innovatives elektronisches Gesundheitsmanagement- Informationssystem (eHMIS) eingeführt, das über eine umfangreiche Datenbank mit über 60.000 Gesundheitsmitarbeitenden verfügt. Damit können Gesundheitspersonal und lokale Behörden effektiv kommunizieren und bei einem Ausbruch ansteckender Krankheiten rechtzeitig reagieren. In Tansania, Ghana und Kenia optimiert das öffentlich-private Partnerschaftsprogramm „SMS for Life Programme“ Arzneimittelbestände. In Ruanda werden Drohnen für den Transport von Medikamenten und Bluttransfusionen in rurale Gegenden eingesetzt. In Äthiopien wird Künstliche Intelligenz für die Diagnose von Tumoren angewendet. In Kenia setzt Totohealth SMS- und Sprachtechnologie ein, um die Mütter- und Kindersterblichkeit zu senken und Entwicklungsanomalien frühzeitig zu erkennen.
Der Coronapandemie begegneten junge Afrikanerinnen und Afrikaner mit ausgeklügelten Innovationen. So wurden Apps zur Nachverfolgung der Ausbreitung von Infektionen in Kenia (Msafari) und Marokko (Wiqaytna 6) entwickelt und angewendet, bevor in Deutschland die Corona-Warn-App ankam. In Ruanda wurden digitale Echtzeit- Karten zur Nachverfolgung von COVID-19 entwickelt, die Telemedizin und Chatbots wurden in kürzester Zeit ausgebaut, um Klinikbesuche zu verringern und über die Krankheit zu informieren. Infolgedessen hat Ruanda die Pandemie bemerkenswert erfolgreich bekämpft, mit einer hohen Zahl von Tests und geringen Infektionszahlen.
Auch in der Landwirtschaft werden innovative Lösungen für die Herausforderungen des Klimawandels mit besseren Bedingungen für Landwirte entwickelt. Afrikanische Unternehmen nutzen das Internet of Things (IoT), um die Produktivität von Bauern zu optimieren und Produktionsverluste zu reduzieren. Datengetriebene Präzisionslandwirtschaft wird in Ghana (AgroCenta) und Nigeria (Zenvus) angewendet, um Wetterprognosen und Bodenanlaysen zu erstellen und dadurch Düngung und Bewässerung zu optimieren. Die App iCow nutzt IKT, um Viehhirten bei der Verwaltung ihres Viehbestandes zu helfen. Plattformen wie Hello Tractor in Nigeria und Trotro Tractor in Ghana ermöglichen Kleinbauern die kostengünstige Nutzung von Traktoren. Die digitale Plattform FarmDrive vernetzt Kleinbauern mit Finanzinstituten und erstellt Kreditratings. Start-ups wie WeFarm, SunCulture und Releaf ermöglichen durch Peer-to-Peer-Plattformen und KI-Technologie den Wissensaustausch zwischen Landwirten. Die digitale Plattform Twiga verbindet in Kenia mehr als 100.000 Verkäufer mit Landwirten und eliminiert somit Zwischenhändler. So können Käufer höhere Preise verlangen, einen garantierten Marktzugang erhalten und müssen geringe Verluste in Kauf nehmen – Verkäufer können dagegen von frischeren und qualitativeren Lebensmitteln profitieren.
Afrikas Digital- und Technologiesektor wächst exponentiell. Allein zwischen 2020 und 2021 verdreifachte sich die Zahl der afrikanischen Tech-Start-ups. Die Investitionen in die Branche erreichten 2020 knapp über 700 Millionen US-Dollar, verglichen mit unter 500 Millionen US-Dollar im Vorjahr. Prognosen zufolge wird die digitale Wirtschaft Afrikas bis 2025 ein Volumen von 180 Milliarden Dollar und bis 2050 von 712 Milliarden Dollar erreichen.
Die digitale Revolution in Afrika öffnet neben dem Finanz-, Gesundheits- und Landwirtschaftssektor zahlreiche weitere Wirtschaftszweige wie E-Commerce, E-Learning, Telekommunikation, Softwareentwicklung und Smart Cities.
Die Mittelstandsallianz Afrika des BVMW vernetzt Sie mit über 30 Auslandsbüros in Afrika, mit Netzwerk- und Informationsveranstaltungen mit lokalen Unternehmen.