Deutsche Start-ups im Fokus auf dem Web Summit Qatar
Visit Qatar / Ahmed Alghali, Unsplash
S.E. Saad Bin Ali Al Kharji, Chairman of Qatar Tourism, über nachhaltigen Tourismus, Chancen für deutsche KMU und die Rolle des German Mittelstand GCC Office
S.E. Saad Bin Ali Al Kharji, Chairman of Qatar Tourism und Vorsitzender des Verwaltungsrats von Visit Qatar, steht an der Spitze der katarischen Tourismusstrategie. Zuvor war er stellvertretender Vorsitzender und hatte leitende Positionen im Amt des Premierministers sowie im Außenministerium inne.
Katar positioniert sich zunehmend als Premium-Reiseziel. Welche zentralen Säulen verfolgt Visit Qatar, um insbesondere europäische – speziell deutsche – Touristen und Investoren anzusprechen?
S.E. Saad Bin Ali Al Kharji: Unsere Tourismusstrategie basiert auf einer datengestützten Marktsegmentierung. Sie konzentriert sich auf 22 priorisierte Quellmärkte, darunter Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Russland. Die Auswahl dieser Märkte basiert auf mehreren Faktoren: potenzielles Reisevolumen, Nachfrage, Konnektivität und inhaltliche Passung. Deutschland nimmt in dieser Liste einen besonderen Platz ein, da es sich um einen Markt mit Reisenden handelt, die ein hohes Ausgabeverhalten und Interesse an Kulturreisen zeigen. Im Zentrum unserer Strategie steht das Prinzip des Mehrwerts – wir bieten kulturelle Authentizität, exzellenten Service und ein breit gefächertes Angebot an hochwertigen Erlebnissen. Darüber hinaus konzentrieren wir uns auf strategische Partnerschaften mit wichtigen europäischen Akteuren. Dazu zählen unter anderem Kooperationen mit der UEFA und unsere Unterstützung von Kulturveranstaltungen in Städten wie Berlin und München. Außerdem arbeiten wir eng mit dem privaten Sektor zusammen, um Investitionen zu fördern. Wir laden gezielt europäische Partner ein, sich an verschiedenen Bereichen entlang der touristischen Wertschöpfungskette zu beteiligen – von Unterkünften über Mobilitätslösungen bis hin zu Gastgewerbe und touristischer Infrastruktur. Dies steht voll im Einklang mit der Qatar National Vision 2030.
Wie unterstützt Visit Qatar nachhaltigen Tourismus bei gleichzeitig ehrgeizigem Wachstum?
Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Tourismusstrategie und fest in der Qatar National Vision 2030 verankert. Unser Ziel ist es, Wachstum verantwortungsvoll, inklusiv und umweltbewusst zu gestalten. Alle tourismusbezogenen Investitionen unterliegen Umweltverträglichkeitsprüfungen, und Nachhaltigkeit ist ein zentrales Kriterium bei der Bewertung öffentlicher und privater Projekte im Tourismussektor. Wir arbeiten eng mit relevanten Akteuren aus Gastgewerbe, Transport, Stadtentwicklung und Dienstleistungssektor zusammen, um nachhaltige Praktiken in allen Phasen der touristischen Wertschöpfungskette zu fördern. Ein konkretes Beispiel: Unsere Visit Qatar App bietet Reiseplanungs-Tools, KI-gestützte Empfehlungen, interaktive Stadtführer und einen digitalen Visit Qatar Pass. Diese App wurde entwickelt, um Ressourcen zu sparen und das Besuchererlebnis zu verbessern. Im Jahr 2024 erhielt die App den Enterprise AI Tech Award für den besten generativen KI-Anwendungsfall – eine Anerkennung unserer Innovationskraft in Sachen Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Der deutsche Mittelstand steht für Innovation. Welche Chancen zur Zusammenarbeit bestehen mit Katars Tourismusinitiativen?
Die deutsch-katarischen Beziehungen sind seit über 50 Jahren stark und stabil. Auf dieser Grundlage sehen wir erhebliche Potenziale für neue Partnerschaften – insbesondere mit innovativen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus Deutschland. Katars Tourismussektor wächst rasant – getragen durch Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung, Erlebnisdesign und Dienstleistungsqualität. Das schafft zahlreiche Schnittmengen mit den Stärken deutscher KMU. Bereiche wie nachhaltiges Bauen, smarte Mobilität, digitale Plattformlösungen, Gastgewerbetechnologien, Eventmanagement oder Green Tech bieten unmittelbare Kooperationspotenziale. Schon heute sind über 300 deutsche Mittelständler in Katar aktiv. Dazu kommen zehn Großunternehmen, die in den katarischen Freizonen registriert sind. Die Eröffnung des BVMW-Büros in Doha war ein wichtiger Schritt zur Förderung von Marktpräsenz, Kooperation und Austausch. Wir sehen große Chancen für Joint Ventures, Technologietransfer, Projektpartnerschaften – insbesondere in Nischen wie Ökotourismus, Wellnesstourismus oder Erlebnisreisen. Die Tourismusstrategie 2030 heißt deutsche Innovationskraft ausdrücklich willkommen.
Welche Botschaft möchten Sie der deutschen Wirtschaft mitgeben?
Katar bietet eine attraktive Kombination: wirtschaftliche Stabilität, ambitionierte Entwicklungsziele und ein investitionsfreundliches Umfeld. Tourismus ist ein strategischer Sektor in unserer nationalen Diversifizierungsagenda – mit moderner Infrastruktur, internationalen Partnerschaften und klarem politischem Rückhalt. Für deutsche Unternehmen – insbesondere mittelständische – ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um in Katar aktiv zu werden. Wir sehen konkrete Anknüpfungspunkte in der digitalen Besucherlenkung, der Verbesserung von Servicequalität, nachhaltigen Technologien und Erlebnisentwicklung. Katar ist nicht nur ein Reiseziel, sondern ein strategischer Hub für internationale Märkte – mit exzellenter Konnektivität, vorteilhaften regulatorischen Rahmenbedingungen und starker Veranstaltungsinfrastruktur. Wir laden die deutsche Wirtschaft ein, mit uns gemeinsam die Zukunft des globalen Tourismus aktiv mitzugestalten.
Die Eröffnung des German Mittelstand GCC Office in Katar stärkt die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. Wie möchte Visit Qatar mit dem Büro zusammenarbeiten?
Die Eröffnung des German Mittelstand GCC Office in Doha war ein bedeutender Schritt für die deutsch-katarischen Beziehungen. Sie unterstreicht das gestiegene Interesse deutscher KMU an der Golfregion und die Rolle Katars als Tor zu den Märkten des Golfkooperationsrates (GCC). Für Visit Qatar ist das Büro eine strategische Plattform zur Vertiefung des Dialogs mit relevanten Partnern aus Deutschland. Wir sehen konkretes Potenzial für gemeinsame Initiativen – etwa in den Bereichen Tourismusförderung, Unternehmensaustausch, Qualifizierung und Innovationsprojekte. Unsere Türen stehen offen für den deutschen Mittelstand – als Partner bei der Umsetzung gemeinsamer Projekte und als Brücke zwischen den beiden Märkten.
Was erwartet die Teilnehmer des German Startup Pavillon 2026 beim Web Summit in Doha?
Der German Startup Pavillon 2026 ist eine großartige Gelegenheit, um die Innovationskraft Deutschlands in einem internationalen Kontext zu präsentieren – insbesondere im Tourismussektor und in verwandten Branchen wie Smart Mobility, Hospitality Tech oder Green Tech. Wir begrüßen Initiativen, die die Verbindung zwischen Tourismus und Technologie sichtbar machen. Der Web Summit bietet ein ideales Umfeld, um solche Ideen international zu skalieren. Für uns ist der German Startup Pavillon ein klares Signal: Katar sieht in der Zusammenarbeit mit deutschen Innovatoren einen zentralen Hebel für nachhaltiges Wachstum und Transformation im Tourismussektor.