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01.02.2022

Der Mittelstand als Rückgrat des European Green Deal

Deutsche und europäische Unternehmen sind beim Aufbruch hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft ganz vorne mit dabei.

Autorin: Dr. Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin

Viele Unternehmen sind bereits unterwegs hin zu einer Form des Wirtschaftens, die unserem Planeten mehr gibt als sie ihm nimmt und die gleichzeitig unseren Wohlstand erhält. Und man kann heute schon festhalten: Der Erfolg gibt ihnen Recht.

Europa steht weltweit an der Spitze einer Bewegung, die beides vereint: Klimaschutz und nachhaltiges Wachstum. Die Europäische Kommission hat vor zwei Jahren den European Green Deal ins Leben gerufen und im Juni 2021 seine Ziele in das erste europäische Klimaschutzgesetz gegossen. Wir wollen bis zum Jahr 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Erde sein. Dafür werden wir bis zum Jahr 2030 den Ausstoß der Treibhausgase um mindestens 55 Prozent senken. Damit liefern wir, was Europas Mittelstand schon seit Jahren fordert: klare, glaubwürdige und verlässliche Zielmarken, die den Unternehmen Planungssicherheit für die Zukunft geben.

Und unser Beispiel macht Schule. Viele in der Welt folgen uns inzwischen, die USA etwa oder Japan, Südkorea und Südafrika. Sie und viele andere haben sich auf verbindliche Klimaziele verpflichtet – Ziele, die bei der vergangenen UN-Klimakonferenz noch einmal bekräftigt wurden. China führt Zertifikatehandel ein, Indien investiert massiv in Erneuerbare Energien. Das ist dringend nötig, denn wir Europäer sind nur für acht Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Aber wir sind auch die drittgrößte Wirtschaftsmacht global. Alle beobachten, wie uns die Modernisierung gelingt.

Wir sind die erste große Volkswirtschaft, die einen Fahrplan zur Umsetzung vorgelegt hat – Sektor für Sektor, Branche für Branche.

Deshalb ist es wichtig, Ziele mit konkreten Vorhaben zu unterfüttern. Auch hier ist Europa Vorbild. Wir sind die erste große Volkswirtschaft, die einen Fahrplan zur Umsetzung vorgelegt hat – Sektor für Sektor, Branche für Branche.

Wir setzen dabei auf bewährte Instrumente unserer sozialen Marktwirtschaft, zum Beispiel auf einen erweiterten Emissionshandel. Das fördert etwa die Umstellung auf saubere Energiequellen und trägt so auch zu mehr Energiesicherheit für unseren Mittelstand bei. Wir investieren in intelligentere Autos, mehr Schnellzugverbindungen und klimaschonendere Produktionsstraßen.

Für all das ist insbesondere der Mittelstand ein wichtiger Partner. Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft, heißt es oft. Das stimmt. Vor allem aber ist der Mittelstand heute auch das Rückgrat einer klimafreundlichen Wirtschaft. Denn Europas Mittelstand hat das Potenzial innovativer und sauberer Technologie sehr viel früher als andere erkannt.

Europas Vielfalt an Hidden Champions, an mittelständisch geprägten Weltmarktführern, die oft jenseits der großen Städte beheimatet sind, bildet ein riesiges Reservoir an Know-how und Kreativität. Kein Wunder, dass unsere Unternehmen ganz vorne mit dabei sind, wenn es beispielsweise um Patentanmeldungen in den Bereichen Klima und Energie geht.

Jetzt muss unser Anliegen sein, diese Ideen rasch auf dem Markt zu etablieren. Sie müssen raus aus den Laboren, Designstudios und Ateliers – und möglichst rasch in die Hände der Verbraucherinnen und Verbraucher. Grüner Wasserstoff etwa bietet ungeheure Chancen für Unternehmen und für ganze Regionen, wie etwa das Ruhrgebiet. Die Voraussetzungen könnten nicht besser sein: Innovative Weltmarktführer, ein dicht geflochtenes Forschungsnetzwerk, und vor allem hoch qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Wandel kein Fremdwort ist – all das trägt zum Vorsprung bei, den unsere Mittelständler und unsere Standorte im Wettbewerb um nachhaltige Produkte haben.

Europa kann und will solchen Pioniergeist beflügeln und zum Erfolg verhelfen. Denn 450 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa verlangen zunehmend nachhaltig hergestellte Produkte. Dazu kommt finanzieller Anschub, etwa durch NextGenerationEU, unserem Aufbauprogramm mit insgesamt 800 Milliarden Euro. Ein Drittel davon ist für nachhaltige Investitionen vorgesehen. In Deutschland etwa gehen 3,3 Milliarden Euro in die Förderung von grünem Wasserstoff. 5,4 Milliarden Euro fließen in die Förderung von nachhaltigem Transport, beispielsweise von Elektroautos und sauberen Bussen, sowie in den Ausbau von Ladepunkten und des Schienenverkehrs. All das sind gute Nachrichten etwa für die mittelständischen Zulieferer der europäischen Automobilindustrie.

Weitere 2,5 Milliarden Euro stehen für die Renovierung von Gebäuden bereit, um deren Energieeffizienz zu verbessern. Denn gerade beim Verkehr und bei Heizen und Kühlen von Gebäuden ist noch enormes CO2-Einsparpotenzial. Es ist offensichtlich, welche Chance diese Renovierungswelle unserem Mittelstand bietet.

Und wir denken auch an diejenigen, die sich schwer damit tun, ihre Stromrechnung zu bezahlen. Damit auch sie von der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit profitieren, wollen wir einen Klima-Sozialfonds mit mehr als 70 Milliarden Euro ins Leben rufen. Denn auch das gehört zur sozialen Marktwirtschaft: Wir wollen alle Bürgerinnen und Bürger mitnehmen auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft.

Europa hat eine Vision und einen Plan. Und wir haben bereits vorgemacht, dass wir das können – Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig wirtschaftlich zu prosperieren. Seit 1990 sind unsere Treibhausgasemissionen um mehr als 30 Prozent gesunken, während unsere Wirtschaft parallel dazu um mehr als 60 Prozent
gewachsen ist.

Darauf bauen wir auf. Der European Green Deal kann eine Blaupause für ähnliche Transformationen in vielen Regionen der Welt werden – mit all den Chancen, die dies für unsere Unternehmen eröffnet. All das sind gute Nachrichten insbesondere für unseren Mittelstand. Dafür lohnt es sich, sich gemeinsam weiter anzustrengen.

Gut zu Wissen

NextGenerationEU – größtes Konjunkturpaket aller Zeiten: 800 Milliarden Euro

  • davon ein Drittel für nachhaltige Investitionen
  • circa 3,3 Milliarden Euro für die Förderung von grünem Wasserstoff
  • 5,4 Milliarden Euro fließen in die Förderung von nachhaltigem Transport
  • 2,5 Milliarden Euro stehen für die Renovierung von Gebäuden bereit


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Foto: © European Union, 2020/Etienne Ansotte

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