Eine zirkuläre Beschaffung richtet sich im Rahmen des Einkaufsprozess nach den bereits zuvor beschriebenen Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft, sowohl bei der Beschaffung von Produkten als auch bei Dienstleistungen oder Projektaufträgen.
Doch was heißt das genau? Reicht es, recycelte bzw. recycelbare Produkte zu beschaffen? Leider nein, denn um eine wirkliche Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen, ist nicht nur der Herstellungsprozess und das eingesetzte Material des Produktes zu berücksichtigen, sondern dieses muss auch am Nutzungsende wieder dem Kreislauf zurückgeführt werden. Dies erfolgt z. B. durch eine anschließende erneute Nutzungsphase oder das Zerlegen in die Produktbestandteile, um diese wieder für die Herstellung neuer Produkte zu verwenden. Dafür sind deutliche Veränderungen in unserer Wirtschaftsweise und damit auch in unseren Beschaffungsaktivitäten erforderlich. Drei Aspekte müssen notwendigerweise berücksichtigt werden, die das sogenannte TPF-Modell zusammenfasst.
Technische Aspekte (T)
Inwiefern werden Produkte nach den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft entworfen hergestellt?
- Der Einkauf kann hier durch eine enge Zusammenarbeit mit der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Unternehmens wichtige Impulse zum Materialeinsatz und dessen Beschaffungsrisiken geben, um bei den eigenen Produkten des Unternehmens die Spezifikationen zu optimieren, z. B. fossile Rohstoffe durch nachwachsende Rohstoffe ersetzen.
- Bei der eigenen Beschaffung gilt es, gezielt technische Spezifikationen der Bedarfsträger zu hinterfragen und durch kreislauffreundlichere Anforderungen zu ersetzen, z. B. bei IT-Endgeräten auf modulare Endgeräte zu achten, bei denen einzelne Bestandteile leichter repariert werden können und sich somit die Nutzungsphase insgesamt verlängert.
Prozessorientierte und organisatorische Aspekte (P)
Inwiefern werden die wichtigsten Partner der Wertschöpfungskette eingebunden und wie wird eine kreislauforientierte Nutzung über den gesamten Beschaffungsprozess sichergestellt?
- Der Einkauf kann z. B. gezielt Innovationsprojekte mit Lieferanten anregen, um im Rahmen des Lieferantenmanagements bzw. der Lieferantenentwicklung die Entwicklung kreislauffähigerer Produkte und Materialien zu stärken.
- Beschaffungsverantwortliche können Leasing- bzw. Mietangebote stärker nutzen, statt bisherige Kaufmodelle weiterzuverfolgen (Beleuchtung mieten, Möbel mieten) – im Bereich Fahrzeuge und Software sind solche Servicemodelle bereits etabliert.
- Einkäuferinnen und Einkäufer können bei den Entsorgungsleistungen im Zuge von Neubeschaffungen auf eine Wiederverwendung achten und bereits in der Anschaffungsphase vertraglich festhalten, indem z. B. ausgemusterte IT-Hardware fachgereicht aufbereitet und in eine zweite Nutzungsphase überführt wird oder durch Aufbereitung von Büromöbeln, mit denen sich Neuanschaffungen vermeiden lassen.
Finanzielle und wirtschaftliche Aspekte (F)
Inwiefern werden Lieferanten und Partner gezielt für kreislauffähige Innovationen und Geschäftsmodelle honoriert?
- Bereits in Vergabeentscheidungen können Produkte und Leistungen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft gezielt durch z. B. eine prozentuale Gewichtung oder bessere Preiskonditionen (Bonusregelungen) anhand definierter Kriterien gefördert werden.
- Einkaufsverantwortliche können außerdem Lieferanten und Partner, die den Wandel zur Kreislaufwirtschaft besonders unterstützen, z. B. durch eine Auszeichnung (Circularity oder Sustainability Award) belohnen und die Nachfrage nach deren Produkten oder Leistungen durch gemeinsame Marketingaktivitäten z. B. im Rahmen von gemeinsamen Konferenzbeiträgen unterstützen.