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Gesundheit
01.08.2025

Zukunft der Arbeitswelten: Erwerbsfähigkeit und Gesundheit im Fokus

Der Umbau unserer Arbeitswelten erfordert neue Ansätze. Wie können wir die Erwerbsfähigkeit sichern und gleichzeitig die Gesundheit fördern?

Autor: Dr. phil. Thomas Nesseler

Unsere Arbeitswelten erleben einen grundlegenden Wandel, der vielfältige Herausforderungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit sich bringt. Zudem stehen unsere Sozialsysteme unter Druck, die Finanzierung von Gesundheit und sozialer Sicherheit bei gleichzeitiger Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten.

Zentrale Aufgabe: Erwerbsfähigkeit sichern

In dieser Situation wird der Erhalt der individuellen Beschäftigungsfähigkeit immer wichtiger. Um unseren Wohlstand zu sichern, müssen wir länger und möglicherweise intensiver arbeiten. Daher ist es entscheidend, wie wir Arbeitswelten gestalten, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Eine gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung hat erhebliche Auswirkungen auf das gesamte gesellschaftliche Krankheitsgeschehen und beeinflusst häufig sowohl Berufs- als auch Privatleben.

Präventionssetting Arbeitswelt nutzen

Mit rund 46 Millionen Erwerbstätigen ist die Arbeitswelt das größte Präventionssetting in Deutschland. Betriebsärzte leisten bereits jetzt einen entscheidenden Beitrag zur medizinischen Prävention und Gesundheitsförderung, indem sie Personen erreichen, die selten einen Arzt aufsuchen. In einer Gesellschaft, die zunehmend mit chronischen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, muskuloskelettalen Beschwerden und Depressionen konfrontiert ist, spielt die frühzeitige Prävention dieser Erkrankungen eine zentrale Rolle. Die individuelle betriebsärztliche Beratung der Beschäftigten sowie die systemische Unterstützung von Unternehmen zur Gestaltung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen sind daher von herausragender sozialer Bedeutung.

Eine umfassende arbeitsmedizinische Betreuung geht weit über den klassischen Arbeitsschutz hinaus. Dies wird auch in der im Dezember 2022 in Kraft getretenen Regel zur ganzheitlichen arbeitsmedizinischen Vorsorge deutlich. Um die medizinische Versorgung zu verbessern, ist eine stärkere Vernetzung der medizinischen Fachgebiete und Versorgungssektoren notwendig. So können gesundheitliche Risiken frühzeitig erkannt und kostspielige Doppeluntersuchungen vermieden werden. Davon profitieren Beschäftigte, Unternehmen und das Gesundheitssystem.

Sektorenverbindende Versorgung in der Arbeitsmedizin

Der Deutsche Ärztetag setzte im Mai 2024 mit einem Beschluss zur sektorenverbindenden Versorgung mit der Arbeitsmedizin ein wichtiges Signal für ein modernes und ganzheitlich orientiertes, integratives Gesundheitswesen. Er fordert, dass „die medizinische Versorgung in Deutschland an den individuellen Präventions- und Versorgungspfaden sektorenverbindend ausgerichtet werden muss“.

Die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) unterstützt diesen Beschluss nachdrücklich und arbeitet seit vielen Jahren an vernetzten Versorgungsstrukturen. Dank ihrer Verträge nach § 132e SGB V und der Implementierung von Abrechnungsmöglichkeiten können Betriebsärzte Impfungen der allgemeinen Primärprävention am Arbeitsplatz zu Lasten der GKV und PKV anbieten und abrechnen. Darüber hinaus hat die DGAUM erfolgreich dafür gesorgt, dass Betriebsärzte an die Telematik-Infrastruktur mit der elektronischen Patientenakte angeschlossen werden können und dafür eine Kostenerstattung erhalten, vergleichbar mit Vertragsärzten. Dies war nicht selbstverständlich, da das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) 2022 noch der Auffassung war, Arbeitgeber und Betriebsärzte müssten die Kosten für die TI-Anbindung selbst tragen. Durch intensiven Dialog konnte die DGAUM das BMG jedoch von diesen Plänen abbringen.

Weitere Kostenexplosionen vermeiden

Aktuell geben wir fast 500 Milliarden Euro jährlich für Gesundheit aus – das entspricht 1,37 Milliarden Euro pro Tag. Diese Kosten werden weiter steigen, wenn wir nicht handeln. Wir müssen unsere finanziellen und personellen Ressourcen effizienter nutzen und dürfen nicht vergessen, dass wir alle Teil eines Gesundheitssystems sind, das weiterentwickelt und gestaltet werden muss. Es liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung, für die Menschen und deren medizinische Versorgung zu sorgen.

Dr. Thomas Nesseler

Dr. phil. Thomas Nesseler

Hauptgeschäftsführer & Pressesprecher DGAUM e. V.

Dieser Artikel stammt aus unserer Verbandszeitschrift Mittelstand.
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