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München, 19.04.2023 Lesezeit: 3 Minuten

Coronahilfe Rückzahlungs-Forderungen – rechtswidrig oder nicht?

Mehr als 200.000 Betriebe in Bayern haben die Aufforderung erhalten, Ihre Berechtigung für COVID Soforthilfe Zahlungen aus 2020 in einem Online-Verfahren zu überprüfen.

Autor: Achim von Michel

Ob das so rechtens ist, wird aktuell heftig diskutiert und war Thema der Informations-Veranstaltung des BVMW in Bayern

Rund 80 Unternehmer und Unternehmerinnen diskutierten am 18. April in einem vom BVMW Bayern initiierten Online-Event darüber, wie man aktuell am besten mit der Rückforderung der Corona-Hilfen umgehen sollte.

Anlass ist die Forderung der Bayerischen Staatsregierung, Unternehmer sollten in einem Online-Rückmeldeverfahren Auskunft zu den erhaltenen Corona-Soforthilfen aus dem Jahr 2020 geben und diese anschließend gegebenenfalls wieder zurückzahlen. Diese Forderung und die Vehemenz, mit der sie einherging, kam für die über 200.000 angeschriebenen bayerischen Unternehmen sehr überraschend, war doch sowohl von der Bundesregierung auch vom bayerischen Wirtschaftsministerium versichert worden, es handle sich um Zuschüsse, die keiner Rückzahlung bedürfen und im Normalfall auch nicht mehr überprüft würden.

Rückforderungen womöglich unzulässig

Rechtsanwalt Dr. Alexander Lang (Kanzlei Steinbock & Partner) betonte in seinem Vortrag, die Rückforderungen seien unter Umständen in großen Teilen rechtswidrig. Er verwies auf erfolgreiche Klagen von Unternehmen in Nordrhein-Westfalen, die inzwischen bereits in zweiter Instanz vorliegen.

Deutlich wurde Rechtsanwalt Dr. Lang bei seiner Empfehlung an die Teilnehmer: Betroffene sollten zunächst nichts zurückzahlen und stattdessen anwaltlichen Rat einholen, um sich zu wehren. Es sei dabei wichtig, nicht das Online-Rückmeldeverfahren zu nutzen, sondern stattdessen schriftlich zu antworten und zu widersprechen. Bereits zurückgezahlte Gelder seien grundsätzlich sehr viel schwieriger wieder einzufordern, auch wenn Gerichte auch in Bayern zugunsten der klagenden Unternehmen entscheiden sollten. Mit einer Rechtsschutzversicherung könne sich aber auch dieser Weg später noch lohnen. Die Aufforderung der Staatsregierung einfach zu ignorieren, empfiehlt er hingegen nicht: Man begehe so in jedem Fall eine Ordnungswidrigkeit.

Sanne Kurz, Mitglied des Bayerischen Landtages und Sprecherin für Kultur und Film (Bündnis 90/Die Grünen), sicherte den Unternehmern weiterhin Unterstützung zu. Mit ihrer Fraktion hatte sie bereits einen Dringlichkeitsantrag zur Aussetzung der Rückzahlungsforderungen im Landtag gestellt, der jedoch erwartungsgemäß abgelehnt wurde.

Staatsregierung präsentiert ein “Feigenblatt”

Noch während der Veranstaltung erschien eine Pressemitteilung der Bayerischen Staatsregierung zum Thema. Darin heißt es, man arbeite bereits daran, die Rückzahlungen verträglicher zu gestalten. So kann von einer Rückzahlung auf Antrag abgesehen werden, wenn sie die Existenzgrundlage bedroht. Liegt das tatsächlich von einem Betrieb erzielte Ergebnis nach Steuern in dem Bereich unter 25.000 (Alleinstehender ohne Unterhaltspflichtige) beziehungsweise unter 30.000 Euro (mit einem Unterhaltspflichtigen), ist also ein Erlass oder Teilerlass der Rückzahlung möglich. Niemand solle durch die Rückzahlung in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, begründet die Bayerische Staatsregierung ihren aktuellen Kabinettsbeschluss.

Der BVMW Bayern begrüßt zwar, dass nun zumindest Geringverdiener einen Erlass beantragen können. Gleichzeitig ist es jedoch sehr befremdlich, dass damit schon wieder eine neue Regel eingeführt wird, die erneut Unterschiede bei der Behandlung der Antragsteller in den verschiedenen Bundesländern schafft. So können zum Beispiel auch die Personalkosten in Baden-Württemberg sehr wohl als Betriebsausgabe angerechnet werden, in Bayern jedoch nicht.

Rechtsexperte empfiehlt, jetzt nicht zurückzuzahlen

In anderen Bundesländern formierte sich zu den Rückzahlungsverfahren bereits massiver Widerstand in Form von Klagen. Inzwischen erklärte das Oberverwaltungsgericht Münster in zweiter Instanz die Rückzahlungs-Forderungen in Nordrhein-Westfalen für rechtswidrig. Anwalt Dr. Lang betonte jedoch, dass in NRW derzeit nur Unternehmen von dem Urteil profitieren, die zuvor geklagt hatten. Abweichend davon würde es für Bayern zunächst genügen, das Online-Rückmeldeverfahren zu vermeiden und schriftlich zu widersprechen. Eine Sammelklage ist laut Rechtsanwalt Dr. Lang nicht möglich, es seien aber bereits mehrere Einzelklagen in Vorbereitung.

Achim von Michel (Politikbeauftragter Bayern) betonte in der Veranstaltung, dass der BVMW bisher der einzige Verband ist, der dieses Thema im Sinne der Unternehmen vertritt und dabei auch die Unterstützung der BVMW-Bundeskommission Recht hat.

Petition angedacht

Die breite Zustimmung auch bei dieser Online-Veranstaltung will der BVMW Bayern jetzt zum Anlass nehmen, im Rahmen einer Petition viele Stimmen zu mobilisieren und das Anliegen direkt im Landtag vorzutragen. Mit einer höchstrichterlichen Entscheidung mit richtungsweisendem Charakter durch das Bundesverwaltungsgericht ist nach Ansicht von Experten in etwa einem Jahr zu rechnen.

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