Jung und alt im Büro, Nachfolge

Adobe Stock

Themen

Unternehmertum
23.10.2023

Externe Nachfolge

Welche Herausforderungen bestehen bei einer externen Nachfolge und worauf sollten abgebende und übernehmende Unternehmer achten?

Autor:in: Ayse Mese, Bernhard Kluge, Dr. Benno A. Packi, Oliver Ferber und Roman Wolkowski – Mitglieder der Kommission Unternehmensnachfolge beim BVMW

Interview mit Ayse Mese, Bernhard Kluge, Dr. Benno A. Packi, Oliver Ferber und Roman Wolkowski.

Mittelstand.: Wie viel Vorlauf benötigt man als abgebender Unternehmer für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge?

Oliver Ferber: Idealerweise sollte man drei bis fünf Jahre im Voraus mit den Überlegungen und der Planung der Veräußerung des Unternehmens beginnen.

Roman Wolkowski: Sofern die Voraussetzungen bereits geschaffen worden sind und es nur noch auf den Veräußerungsprozess selbst ankommt, sollte man mit einem Zeitraum von 8 bis 10 Monaten rechnen.

Auf welche Voraussetzungen kommt es bei einer erfolgreichen Unternehmensnachfolge an?

Bernhard Kluge: Eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge erfordert eine gründliche Bilanzprüfung und die klare Trennung von privaten und geschäftlichen Angelegenheiten. Darüber hinaus ist es wichtig, einen qualifizierten Berater hinzuzuziehen, der den Prozess koordiniert.

Roman Wolkowski: Hinzufügen möchte ich, dass es sehr empfehlenswert ist, eine zweite Führungsebene zu etablieren, so dass die Führung und das Know-how des Unternehmens auf mehrere Personen verteilt wird und es dadurch nachhaltig für eine Veräußerung aufgestellt ist.

Was sind die entscheidenden Weichenstellungen einer erfolgreichen Nachfolge?

Ayse Mese: Eine wesentliche Entscheidung ist, ob man bereit ist, die volle Kontrolle am Unternehmen abzugeben oder eine gewisse Verbindung zum Unternehmen aufrechterhalten möchte.

Bernhard Kluge: Absolut, und es ist ebenso wichtig, das Unternehmen zu optimieren, bevor man mit den Vorbereitungen für den Verkauf beginnt. Ein optimiertes Unternehmen wird nicht nur attraktiver für potenzielle Käufer sein, sondern kann auch einen höheren Verkaufspreis erzielen.

Dr. Benno A. Packi: Neben der wirtschaftlichen ist auch die rechtliche Optimierung des Unternehmens von besonderer Bedeutung, das heißt die Durchsicht und gegebenenfalls die Anpassung der rechtlichen Unterlagen des Unternehmens im Wege von Nachträgen oder Änderungsvereinbarungen. Diese Durchsicht sollte durch einen erfahrenen M&A-Anwalt vor der Marktansprache erfolgen, um später keine bösen Überraschungen zu erleben.

Welche Käufertypen kommen in Betracht?

Bernhard Kluge: Zum einen wäre an Finanzinvestoren wie PrivateEquity-Unternehmen und Family Offices zu denken.

Roman Wolkowski: Genau, hinzu kommen die sogenannten strategischen Käufer. Damit sind Wettbewerber des Unternehmens oder andere Unternehmen gemeint, die ihre Produktpalette erweitern möchten.

Oliver Ferber: In der Tat, und in einigen Fällen sehen wir auch sogenannte Management Buy-Outs (MBO) oder Management Buy-Ins (MBI). In diesen Fällen erwirbt entweder das bestehende oder ein neues Management das Unternehmen und wird hierbei häufig von Private-Equity-Unternehmen finanziert.

Das ist ein gutes Stichwort – wie sieht es mit der Finanzierung eines Unternehmenskaufs aus?

Dr. Benno A. Packi: Die Akquisitionsfinanzierung ist ein besonders wichtiger Aspekt. Sofern der Käufer den Kaufpreis nicht aus vorhandenen Mitteln aufbringen kann, kommen mehrere Finanzierungsmöglichkeiten in Betracht, wie Verkäuferdarlehen, Earn-outRegelungen oder Kreditfinanzierungen, die über das Unternehmen selbst strukturiert werden. Das Unternehmen wird in diesen Fällen auch von den Finanziers dahingehend geprüft, ob und in welcher Höhe es finanzierbar ist.

Damit haben Sie uns schon das Stichwort zu unserer nächsten Frage nach der Due-Diligence-Prüfung des Unternehmens gegeben.

Bernhard Kluge: Dieses Stichwort greife ich gerne auf. Bei der Due Diligence ist es wichtig, so viele Informationen wie möglich offenzulegen. Dies trägt zur Entlastung bei und fördert das Vertrauen zwischen Käufer und Verkäufer.

Roman Wolkowski: Jedoch bildet die Grundlage für jede Offenlegung eine Vertraulichkeitsvereinbarung. Sollte sich ein interessierter Käufer weigern, sie zu unterzeichnen, wäre dies bereits ein Beleg für nicht vertrauensvolle Absichten.

Dr. Benno A. Packi: Und in einigen Fällen kann es sinnvoll sein, die Informationen schrittweise offenzulegen, um das Interesse des Käufers aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Vertraulichkeit zu gewährleisten. Entscheidend ist aber, dass auch kritische Informationen rechtzeitig vor Vertragsschluss offengelegt werden, um spätere Haftungs- und Gewährleistungsfragen auszuschließen.

Wie geht man bei der Bewertung und Kaufpreisfindung vor?

Bernhard Kluge: Mittelständische Unternehmen sind häufig steuerlich optimiert und weisen deshalb sehr niedrige Erträge aus. Niedrige Erträge führen allerdings zu einer niedrigen Unternehmensbewertung.

Oliver Ferber: Eine höhere Steuerlast über mehrere Jahre kann daher gegebenenfalls notwendig sein, um einen höheren Unternehmenswert auszuweisen. Eine möglichst ausführliche Unternehmensbewertung kann schließlich dazu beitragen, die Kaufpreisvorstellung zu untermauern und den gewünschten Verkaufspreis zu erzielen.
Kommen wir nun zu der Frage, wo man Käufer findet.

Ayse Mese: Die Digitalisierung hat die Suche nach Käufern enorm erleichtert. Es gibt eine Vielzahl von Online-Plattformen, auf denen Unternehmen gelistet werden können, um potenzielle Käufer zu finden.

Roman Wolkowski: Im Sinne der eigenen Qualitätskontrolle sollten M&A-Berater allerdings auch über ein eigenes umfangreiches Netzwerk verfügen, welches für eine nachhaltige Geschäftsentwicklung von unschätzbarem Wert ist.

Das Interview führte Marie-Theres Husken, BVMW Referentin Bildung

Gut zu wissen

  • Erfahrene Berater hinzuziehen: Experten für wirtschaftliche, rechtliche und steuerliche Aspekte der Unternehmensnachfolge sind unerlässlich für einen reibungslosen Übergang
  • Wertsteigerungsmaßnahmen planen: Frühzeitig sollten Maßnahmen zur Wertsteigerung des Unternehmens ergriffen werden, um den optimalen Kaufpreis zu erzielen
  • Wettbewerb unter den Interessenten aufrechterhalten: Eine frühzeitige Verhandlungsexklusivität mit einem Interessenten sollte vermieden werden

Verwandte Artikel