Jessica Köhler und Beate Merlot

Jessica Köhler und Beate Merlot

Themen

Unternehmertum
24.04.2024

Jessica Köhler & Beate Merlot

Die Geschäftsführerinnen von Liberty Wohnen ohne Grenzen GmbH im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.

Wie sind Sie dazu gekommen Unternehmerin/Führungskraft zu werden?

Wir wollten ein neues Wohnkonzept im Pflegemarkt etablieren und hatten genaue Vorstellungen und neue Ideen, wie das aussehen soll. Deshalb gab es nur die Option, es selbst zu machen.

Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen, oder würden Sie etwas anders machen?

Eindeutig: Ja !

Welche Entscheidung würden Sie für sich als wegweisendste bezeichnen, oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?

Das wir, als langjährige Freundinnen, uns beim Joggen überlegt haben, was jeder an Fähigkeiten und Lebenserfahrung aus dem bisherigen Berufs- und Privatleben mitbringt. Das unsere unterschiedlichen Stärken gebündelt ein enormes Potenzial haben und wir damit etwas Neues und Sinnstiftendes schaffen können.

Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?

Die erste Finanzierung zu bekommen. Neue Wege zu gehen, die bei Kreditinstituten und Investoren in keine bekannte „Schublade“ passen, war so viel schwieriger, als wir uns das vorgestellt hatten. Alle wollten, dass wir das „altbekannte“ machen. Wohnungen planen, verkaufen und dann erst bauen. Das wollten wir aber nicht und waren hartnäckig. Am Ende haben wir dann großartige Partner für unser Projekt gefunden. Es war aber ein mühsamer Weg.

Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?

Unser Konzept des Assistierten Wohnens für mobil eingeschränkte Menschen ist sehr erfolgreich und nun möchten wir es weiter im Markt etablieren und andere Marktteilnehmer motivieren in so eine Wohnform zu investieren. Der Fachkräftemangel ist so weit fortgeschritten, dass wir neue Wohnformen finden müssen, die mit weniger Personal auskommen. Wohnkonzepte, die auf Fachkräften basieren, sind heute nicht mehr zukunftsfähig.

Unser Konzept ist nicht nur wirtschaftlich interessant, sondern leistet noch einen positiven Beitrag für die Gesellschaft.

Der demographische Wandel stellt uns alle vor große Herausforderungen, wir brauchen Lösungen für das Wohnen im Alter, das Unterstützen der Arbeitnehmer bei der Pflege ihrer Angehörigen usw. Wir haben eine solche funktionierende und wirtschaftlich interessante Lösung gefunden!

Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für ihre Arbeit?

Da sich unser Büro in unserem Pilotprojekt befindet, haben wir täglich das Glück zu sehen und zu erleben, wie unsere Mieter glücklich, zufrieden und dankbar sind, für die Wohnmöglichkeit, die wir ihnen geschaffen haben.

Sie müssen nicht ihre Eigenständigkeit und Identität aufgeben, um sich dann in einem streng durchgerechneten Dienstleistungssystem wieder zu finden.

Sie können trotz ihrer mobilen Einschränkungen, ihr individuelles und selbstbestimmtes Leben weiterführen, mit der nötigen Assistenz.

Welche Botschaft möchten Sie frischgebackenen Gründerinnen, Unternehmerinnen/Führungskräften mitgeben?

Immer das eigene Ziel im Fokus zu haben, egal, welche Hindernisse kommen; sich nicht beirren lassen und nicht auf Andere hören, die Bedenken äußern, immer seine Vision weiterverfolgen.

Mit welchen wesentlichen Maßnahmen fördern Sie in ihrem Unternehmen gezielt Femal Empowerment und geben Ihren Mitarbeiterinnen Rückenwind?

Mit unserem Engagement fördern wir nicht nur in unserem Unternehmen Femal Empowerment, sondern in der Gesellschaft generell.

Die Pflege von Angehörigen in den Familien wird immer noch hauptsächlich von Frauen übernommen. Wir unterstützen diese Frauen durch unsere Konzepte und Assistenzen und erleichtern ihnen damit auch die Rückkehr an ihren Arbeitsplatz.

Wir arbeiten eng mit den ambulanten Pflegediensten zusammen und gehen auf die Bedürfnisse der vorwiegend weiblichen Pflegekräfte ein, um ihnen die bestmöglichen Arbeitsbedingungen in unserem Haus zu schaffen.

Von der Politik erwarten wir hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von Unternehmerinnen und der Entwicklung von Frauen in Unternehmen im Allgemeinen...

Nicht so viel. Es gibt so umfangreiche Themen, mit denen sich Politiker in der aktuellen Zeit beschäftigen müssen. Hinzu kommt, dass engagierten Politiker oft selber durch den Dschungel der Bürokratie ausgebremst werden.

Wir sehen uns als Unternehmerinnen in der Verantwortung und Pflicht, Gesellschaft zu gestalten, eigenständig Lösungen zu finden und diese möglichst schnell und effizient in die Tat um zu setzen.

Gibt es eine Frage, die Sie gerne einem Politiker oder einer Politikerin stellen würden? Wem würden Sie diese Frage stellen?

Dem Gesundheitsminister und jedem, der in der Politik für die Zukunft der Pflegesituation in Deutschland zuständig ist:

Wie soll das seit Jahrzehnten bekannte Problem der Versorgung unserer Senioren und zu pflegenden Bürgern gelöst werden?

Es gibt nicht genug Pflegekräfte. Für die Pflegekräfte, die aus dem Ausland kommen sollen, gibt es keinen Wohnraum. Pflegeeinrichtung schließen (800 im letzten Jahr!), die Situation wird immer dramatischer. Durch die nun kommenden Jahrgänge der Babyboomer, die jetzt demnächst in Rente gehen und später die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland prozentual noch erheblich ansteigen lassen, werden die Probleme exponentiell wachsen.

Davon wird jede Familie und jedes Unternehmen betroffen sein. Die Unternehmen werden Mitarbeiter freistellen müssen, damit diese ihre Angehörigen selbst pflegen können, da es nicht genug Pflegeplätze und Pflegepersonal geben wird.

Was wird Ihr nächstes Projekt?

Wir versuchen uns aktuell in unterschiedlichen Bereichen um dieses Thema intensiv zu kümmern. Das beginnt damit, dass wir die Unternehmen und Mitarbeiter erst mal über die auf uns zu kommende Situation vorbereiten müssen und ein Gespür dafür schaffen müssen, dass Prävention und gesellschaftliche Verantwortung hier gefragt ist. Eben weil die Politik es nicht schaffen wird, so schnell Lösungen zu liefern und umzusetzen, wie wir sie benötigen werden.

Deshalb versuchen wir auf vielen Kanälen darauf aufmerksam zu machen und suchen nach Unternehmen und Investoren, die diesen Weg mit uns gemeinsam gehen möchten, um konkrete, praktische Lösungen zu schaffen und nicht weiter immer die bereits lange bekannten und immer wieder gleichen Probleme aufzuführen. Das bringt ja keinen weiter.

Wir müssen jetzt schnellstmöglich lösungsorientiert zusammenarbeiten, weil wir alle im gleichen Boot sitzen und die Weichen für unsere eigene Zukunft im Alter stellen müssen.

Konkret heißt das, dass wir einerseits Unternehmen unterstützen, präventive Maßnahmen für Mitarbeiter zu entwickeln. Das sind zum Beispiel Programme, die dem Mitarbeiter den Übergang vom Arbeitsleben in die Rente erleichtern und im Akutfall benötigen Mitarbeiter eine Anlaufstelle, die unterstützend behilflich sein kann bei der Organisation der Pflege von Familienangehörigen.

Unternehmen werden wirtschaftlich davon profitieren, wenn ihre Fachkräfte eine Anlaufstelle für Krisensituationen haben.

Es kommt zu weniger hohen Ausfallzeiten und es gibt für das Recruiting interessante Angebote, um Mitarbeiter stärker an sein Unternehmen zu binden.

Andererseits sind wir auch mit Herzblut Projektentwicklerinnen und möchten Immobilienunternehmen davon überzeugen, Projekte wie unseres zu bauen. Es hat nur Vorteile im Vergleich zu einer „normalen Wohnimmobilie“. Dafür brauchen wir innovative und zukunftsorientierte Mitstreiter, die auch daran interessiert sind, etwas sehr Gutes für unsere gesellschaftliche Entwicklung im Sozialimmobilienbereich zu tun. Wirtschaftlich ist das hochinteressant. Vor allem bei der aktuellen Lage in der Immobilienbranche.

Am meisten begeistert uns an unserem Beruf...

…, dass man als Projektentwickler, den schönsten und größten Erfolg hat, wenn man dem wichtigsten Steakholder, dem Mieter(!), die größte Aufmerksamkeit schenkt.
Wirtschaftlicher Erfolg und glückliche Mieter – das geht tatsächlich beides!
Das macht uns stolz, begeistert uns jeden Tag und motiviert uns, weiterzumachen!

Infos zu den Personen

Jessica Köhler

Beate Merlot

  • Jahrgang: 1969
  • Berufsabschluss: Betriebswirtin VWA
  • Position: Geschäftsführerin
  • Führungskraft seit 2000

Infos zum Unternehmen

Liberty Wohnen ohne Grenzen GmbH
www.liberty-wohnen.de

  • Gründungsjahr: 2017
  • Branche: Gesundheits- und Sozialimmobilien
  • Firmensitz: Rödermark, Hessen
  • Mitarbeitende: 3

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