Lars Kiera & Oliver Vakilzadeh

Lars Kiera & Oliver Vakilzadeh

Themen

Unternehmertum
02.01.2024

Oliver Vakilzadeh & Lars Kiera

Die geschäftsführenden Gesellschafter der RTS Electronic GmbH im Interview für die Initiative „Der Junge Mittelstand“.

Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin oder Unternehmer zu werden?

Oliver Vakilzadeh: Mein Weg zum Unternehmertum begann mit dem Wunsch nach Entscheidungsfreiheit und der Leidenschaft für strategisches Kreieren. Während meines Studiums der Wirtschaftswissenschaften vertiefte ich mich in die Themen Unternehmensnachfolge und Hidden Champions, was mich sehr prägte. Mir kam damals die Idee in den Sinn, dass ich ein Unternehmen übernehmen möchte und dann in seiner Nische zum Marktführer führen möchte. Diese Vision verfolgte ich zielstrebig. Die Begegnung mit Lars Kiera im Jahr 2018 war entscheidend. Wir teilten die gleiche Wellenlänge und die Überzeugung, dass wir RTS Electronic gemeinsam erfolgreich führen können. Seit August 2020 setzen wir diese Vision gemeinsam in die Realität um.

Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen.

Oliver Vakilzadeh: Ich würde meinen Weg genauso wieder gehen. Jeder Schritt, auch die Herausforderungen, waren Teil eines wertvollen Lernprozesses. Rückblickend erscheint jeder Schritt logisch und notwendig. Ich hatte nie Zweifel, dass wir erfolgreich sein werden. Unsere Entschlossenheit und der feste Glaube an unseren Erfolg waren immer die treibenden Kräfte.

Lars Kiera: Ich würde ebenfalls zu keiner Sekunde etwas anders entscheiden. Speziell die zum Zeitpunkt negativen Momente, haben meinen persönlichen Horizont nochmal erweitert und mich auch als Person wachsen lassen.

Haben Sie im Gründungs- oder Übernahmeprozess in irgendeiner Form Unterstützung erhalten? Falls ja, welche Form der Unterstützung war besonders zentral?

Oliver Vakilzadeh: Im Übernahmeprozess war die Unterstützung unseres Bankberaters Herrn Marcel Lübke und dem Vorstand der Sparkasse UnnaKamen, Herrn Jürgen Schneider, entscheidend. Ihr Vertrauen und Glaube an unsere Idee waren ausschlaggebend, um die nötigen Mittel für die Übernahme zu sichern. Ohne ihre Unterstützung wäre der schnelle Kauf der Anteile von den Altgesellschaftern nicht möglich gewesen. Abgesehen davon erhielten wir wenig weitere Unterstützung. Als Anekdote: 2017 zweifelte ein Steuerberater an meinen Plänen und fragte, ob ich eine reiche Tante hätte. Meine Antwort war ein klares „Nein“, aber ich betonte, dass ich fest von meiner Vision überzeugt bin.

Welche Entscheidung würden Sie für sich als Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?

Oliver Vakilzadeh: Die wegweisendsten Entscheidungen waren, die Altgesellschafter schnellstmöglich auszuzahlen und Lars Kiera für RTS zu gewinnen. Diese Schritte waren strategisch entscheidend für die Zukunft des Unternehmens. Dabei habe ich viel über meine Fähigkeiten, Risikobereitschaft und Entscheidungsfindung gelernt und mich persönlich weiterentwickelt.

Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?

Oliver Vakilzadeh: Die größte Herausforderung im Unternehmertum ist die Vielzahl an täglichen Herausforderungen. Sie machen unsere Arbeit spannend und dynamisch. Wenn ich eine spezifische Herausforderung hervorheben müsste, dann wären es die Verhandlungen mit den Altgesellschaftern. Diese waren komplex und zugleich lehrreich, da sie viel Fingerspitzengefühl und strategisches Denken erforderten. Und es hat Lars Kiera und mich noch einmal näher zusammengebracht.

Wie gelingt Ihnen der Spagat zwischen Beruf, Familie und Freizeit? Welche Unterstützung wünschen Sie sich für eine bessere Vereinbarkeit?

Oliver Vakilzadeh: Der Spagat zwischen Beruf und Sport erfordert ein ausgezeichnetes Zeitmanagement, da ich eine intensive Leidenschaft für den Radsport habe und wöchentlich ca. 20–30 Stunden trainiere. Wir haben bei uns in der Firma die Mitarbeiter und Abteilungsleiter mit vielen Freiheiten und Vertrauen ausgestattet. Lars und ich haben früh begonnen, Aufgaben zu delegieren. Dies ermöglicht es uns, mehr am Unternehmen zu arbeiten, statt sich in operativen Aufgaben zu verlieren.

Lars Kiera: Für mich gibt es keine grundlegende Notwendigkeit, die Themen komplett voneinander zu trennen, denn als Gesellschafter gehört die Firma zwangsläufig zum Privatleben dazu. In der „Freizeit“ kreisen die Gedanken immer wieder um die Firma und man kommt auf Ideen, welche man am liebsten sofort umsetzen möchte. Zusätzlich kann ich mich immer auf Oliver verlassen, so dass ich auch unbesorgt privat fremde Länder bereisen kann.

Wie stehen Sie zum Thema Jobsharing oder Tandem als Lösung für eine bessere Vereinbarkeit?

Oliver Vakilzadeh: Wir stehen Jobsharing und Tandem-Modellen sehr positiv gegenüber und haben diese Arbeitsmodelle bereits in einigen Bereichen erfolgreich umgesetzt. Zum Beispiel im Sales-Bereich, wo immer zwei Mitarbeiter in denselben Vorgängen eingeweiht sind. Dies stellt sicher, dass ein Mitarbeiter sofort reagieren kann, wenn der andere verhindert ist. Allerdings ist es wichtig, dass Jobsharing mit der jeweiligen Stelle und ihrer Komplexität vereinbar ist, um effektiv zu sein.

Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?

Oliver Vakilzadeh: Derzeit beschäftigen wir uns intensiv mit der Entwicklung von kundenindividuellen ERP-Software-Lösungen durch unser neues Unternehmen XProject Engineering (XPE). Wir stießen bei RTS auf das Problem, dass unser bestehendes ERP-System, Sage 100, nicht alle unsere Bedürfnisse erfüllte und standardisierte Lösungen nicht wirksam genug waren. Daraus entstand die Idee, eigene Module zu entwickeln, die Prozesse beschleunigen und effizienter machen. Uns sprachen in der Folge immer mehr Kunden und Partner an, ob wir ihnen nicht auch helfen könnten und etwas für sie entwickeln könnten. Daraus entstand die Idee für XPE. XPE füllt somit zukünftig eine Marktlücke, indem es maßgeschneiderte Sage 100 ERP-Lösungen anbietet, die auf dem Markt einzigartig sind. Ein weiteres USP von XPE ist unser Entwicklerteam, das tief in den Prozessen von RTS verwurzelt ist. Wir arbeiten daran, XPE als ERP-Modulspezialist für die Elektronikfertigungsbranche zu etablieren und sehen in der Kombination aus RTS und XPE großes Potenzial für den Markt.

Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?

Oliver Vakilzadeh: Die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter ist der Schlüssel. Glückliche Mitarbeiter schaffen begeisterte Kunden, und deren positive Rückmeldungen sind unsere größte Wertschätzung. Es ist ein Kreislauf des Erfolgs, der bei unserem Team beginnt.

Lars Kiera: Das positive Feedback unserer Kunden und Lieferanten ist stets die Bestätigung der herausragenden Arbeit der gesamten Firma. Wir werden z. B. Anfang 2024 von einem großen EMS-Dienstleister zum besten Lieferanten 2023 gekürt!

Welche Botschaft möchten Sie frisch gebackenen jungen Unternehmerinnen und Unternehmern mitgeben?

Oliver Vakilzadeh: Konzentriert euch nicht allein auf das Erreichen von Zielen. Seht Herausforderungen als Chance an. Es ist eine Reise der Selbstfindung, bei der ihr versucht, das Unmögliche möglich zu machen. Kurz gesagt: Begreift Druck als Privileg. Er treibt euch voran und fördert Innovation.

Lars Kiera: Solltet ihr mit einer weiteren Person die Firma führen, dann seht die unterschiedlichen Stärken und Betrachtungsweisen nicht als Risiko, sondern als Chance, um sich perfekt zu ergänzen und das bestmögliche für die Firma herauszuholen.

Mit welchen wesentlichen Maßnahmen fördern Sie in Ihrem Unternehmen gezielt junges Unternehmertum oder geben Young Professionals Rückenwind?

Oliver Vakilzadeh: Wir setzen auf Vertrauen und Entscheidungsfreiheit für alle Mitarbeiter. Fehler sind erlaubt und werden als Lernchance genutzt. 2024 führen wir ein umfassendes Schulungskonzept ein, inklusive unseres „Young Leadership Circle“. Hier vernetzen sich erfahrene Schlüsselmitarbeiter mit jungen Talenten, um Wissen und Erfahrungen auszutauschen. Das stärkt die Wertschätzung für alle und sichert den Generationenwechsel ohne Know-how-Verlust. Für uns ist das die Essenz jungen Unternehmertums.

Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von jungen Unternehmerinnen, Unternehmern und Young Professionals im Allgemeinen

Oliver Vakilzadeh: Lokal, wie in Waltrop unter Bürgermeister Marcel Mittelbach, erleben wir eine enge Zusammenarbeit mit der Politik, unsere Anliegen finden Gehör. Auf Bundesebene wünsche ich mir eine vielfältigere politische Vertretung, durch Politiker die nicht nur aus Juristen, sondern auch aus Unternehmern und Vertretern der Wirtschaft besteht. Dies würde helfen, praxisnähere Entscheidungen zu treffen, die den Mittelstand direkt betreffen und unterstützen.

Engagieren Sie sich in einem Ehrenamt?

Oliver Vakilzadeh: Obwohl ich es nicht direkt als Ehrenamt bezeichnen würde, setzen wir uns aktiv für jugendliche Sportler ein. 2024 starten wir in Zusammenarbeit mit unserem Partner Plasmatreat ein eigenes Radsportteam. Neben sportlichen Zielen hat das Team einen karitativen Fokus – wir sammeln Spenden für das Kinderhospiz Bethel.

Was wird Ihr nächstes Projekt?

Oliver Vakilzadeh: Unser Hauptaugenmerk liegt auf der erfolgreichen Markteinführung unserer neuen Firma, XProject Engineering. Im Jahr 2024 wollen wir die entscheidenden Schritte dafür setzen. Ein weiteres zentrales Projekt ist es, unsere Kundenbindung zu stärken, indem wir einzigartige Vorteile bieten, die uns von Wettbewerbern abheben.

Nutzen Sie KI in Ihrem Unternehmen? Wenn ja, in welcher Form?

Oliver Vakilzadeh: Ja, wir setzen schon früh auf KI. Unser Ziel ist es, die vielfältigen Möglichkeiten der KI zu nutzen, um unseren Kunden einzigartige Vorteile zu bieten – Vorteile, die sie nur bei RTS und XPE finden. Wir betrachten KI nicht als Bedrohung, sondern als große Chance, unser Angebot zu verbessern und uns vom Markt abzuheben.

Warum ist ein starkes Netzwerk für Unternehmerinnen und Unternehmer besonders wichtig?

Lars Kiera: Insbesondere im Mittelstand braucht man ein Netzwerk an Lösungen, denn die meisten Firmen können nicht auf tausende von Mitarbeiter mit speziellem Know-how zurückgreifen. Aus diesem Grund ist es essenziell, dass man in seinem Netzwerk die entsprechenden Experten kennt und sich gegenseitig unterstützt. Wer versucht, allein zu bestehen, wird am Ende höchstwahrscheinlich scheitern. Aus diesem Grund vernetzen wir Firmen z. B. mit den passenden EMS-Dienstleister, welche zu den jeweiligen Anforderungen passen.

Womit schaffen Sie in Ihrer Freizeit einen Ausgleich zu Ihrem Arbeitsalltag?

Oliver Vakilzadeh: Mein Ausgleich ist der Sport, insbesondere der Radsport. Beim Training kann ich nicht nur abschalten, sondern finde auch oft Lösungen und Antworten auf berufliche Fragen. Das Radfahren ist für mich daher mehr als nur Sport – es ist eine Art Denkfabrik.

Lars Kiera: Ich bereise gern fremde Länder und Kulturen. Dies ermöglicht einem neuen Blickwinkel auf die eigenen Herausforderungen und auch Annehmlichkeiten, welche wir in Deutschland vorfinden. Die Natur ist zudem mein Gegenpol für den hektischen Alltag.

Was wäre der Soundtrack zu Ihrem Weg zur Unternehmerin / zum Unternehmer?

Oliver Vakilzadeh: Als jemand, der in den 90er Jahren aufgewachsen ist und mit den Anfängen von Hip-Hop groß geworden ist, wäre mein Soundtrack definitiv „Still D.R.E.“ von Dr. Dre.

Lars Kiera: Meine musikalischen Vorlieben befinden sich im Rock. Wenn ich zudem auf mein Leben zurückblicke, dann war stets die ruhige Analyse in hektischen Phasen der beste Weg aus der komplexen Situation. Aus diesem Grund: Guns N‘ Roses – „Welcome To The Jungle!“

Am meisten begeistert mich an meinem Beruf

Oliver Vakilzadeh: Die Freiheit, kreativ zu sein und innovative Lösungen zu finden. Diese Aspekte meines Berufs erlauben es mir, ständig Neues zu erschaffen und Herausforderungen auf meine Art und Weise zu meistern.

Lars Kiera: Dass es keine höhere Instanz gibt, welche einem unnötige Hürden für neue Ideen in den Weg stellt. Wir können unsere Ideen in die Tat umsetzen und uns immer wieder neu erfinden.

Ein guter Tag beginnt für mich mit

Oliver Vakilzadeh: Ein guter Tag beginnt für mich mit Sonnenschein und einem (Radsport-)Training. Diese Kombination gibt mir Energie für einen produktiven und positiven Tag.

Lars Kiera: … der Gewissheit, dass ich privat den Menschen für mein restliches Leben gefunden habe und ich dies auch beruflich von mir behaupten kann. Mit den richtigen Menschen an der Seite kann der Tag nur gut werden.

Infos zu den Personen

Oliver Vakilzadeh

Lars Kiera

Infos zum Unternehmen

RTS Electronic GmbH
www.rts-electronic.de

  • Gründungsjahr: 1997
  • Branche: Industriehandel mit elektronischen Bauelementen
  • Firmensitz: Waltrop/Nordrhein-Westfalen
  • Mitarbeitende: 32

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