Yvonne Jamal, Mitgründerin des JARO Instituts für Nachhaltigkeit und Digitalisierung.

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01.06.2022

Starke Frau: Yvonne Jamal

Wie wird man Unternehmerin? Welche Erfahrungen kennzeichnen diesen Weg?

Darüber sprach DER Mittelstand. mit Yvonne Jamal, Mitgründerin des JARO Instituts für Nachhaltigkeit und Digitalisierung.

DER Mittelstand.: Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin zu werden?

Yvonne Jamal: Das liegt mir wohl im Blut – schon mein Vater und mein Großvater waren selbstständig. Ich habe klassisch Betriebswirtschaftslehre (BWL) studiert und war mehr als 20 Jahre in großen internationalen Unternehmen tätig, sowohl im B2B-Vertrieb als auch im Einkauf. In dieser Zeit habe ich viel gelernt und ein großes Netzwerk aufgebaut. Meine Leidenschaft für das Thema Nachhaltigkeit konnte ich jedoch nicht in dem Maße ausleben, wie ich es mir gewünscht hatte. Ich habe für mich erkannt, dass ich zukünftig all meine Erfahrung und mein Know-how dafür einsetzen will, eine nachhaltige Entwicklung unserer Wirtschaft mit aller Kraft voranzutreiben. Für mich war seit vielen Jahren klar, dass dabei der Einkauf mit seiner Nachfrage und seinen globalen Lieferantennetzwerken eine absolute Schlüsselrolle spielt. Damit war die Idee geboren, das JARO Institut zu gründen, um eine nachhaltige Wirtschaft zum Standard zu machen. Mit Leitfäden, Veranstaltungen, dem Sustainable Supplier Network, dem Podcast „Machtfrage“, aber auch unserem eLearning der JARO Academy teilen wir unser Wissen mit unserem Einkäufernetzwerk. Mittlerweile wird zunehmend verstanden, dass kein Unternehmen sich wirklich nachhaltig nennen kann, ohne eine nachhaltige Beschaffung und verantwortungsvolle Lieferketten zu implementieren.

Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg noch einmal gehen?

Es war wohl die beste berufliche Entscheidung meines Lebens. Es erfüllt mich unglaublich, die Ergebnisse unserer Aktivitäten zu beobachten. Es gibt mir viel Kraft und Motivation, wenn wir wieder ein weiteres Unternehmen von einer nachhaltigen Beschaffung überzeugen konnten und sehen, wie das ganze Team hoch engagiert in die Umsetzung geht. Dieses Gefühl, tatsächlich etwas zu bewegen, ein Umdenken anzustoßen und eine nachhaltige Wirtschaftsweise im Arbeitsalltag zu verankern, macht mich sehr viel ausgeglichener als früher. Der Zuspruch, den wir erhalten, spornt uns an, diesen Weg weiterzugehen und auch die vielen weiteren Ideen von uns kontinuierlich umzusetzen.

Welche Entscheidung würden Sie für sich als die wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?

Ein großer Wendepunkt war für mich die Entscheidung für meinen letzten Arbeitgeber vor der Gründung des Instituts. Dadurch bin ich in das Einkaufsumfeld geraten, was mich seitdem unglaublich fasziniert. In dieser Zeit ist mir die enorme Bedeutung klarer Prozesse und Strukturen bewusst geworden. Der Aufbau der dortigen Einkaufsorganisation hat mir die Kraft und das Selbstvertrauen gegeben, den nächsten Schritt zu gehen und JARO zu gründen.

Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?

Mein Herzensthema ist die nachhaltige Beschaffung. Es ist mir enorm wichtig, dass Einkaufsverantwortliche weltweit die enorme Verantwortung erkennen, die sie für eine nachhaltige Entwicklung haben. Bis zu 90 Prozent der Treibhausgasemissionen von Unternehmen entstehen im Einkauf und in den Lieferketten. Mehr als 450 Millionen Menschen sind in den globalen Lieferketten tätig, oft zu unfairen Arbeitsbedingungen, viel zu oft Kinder und Menschen in Zwangsarbeit. Der Einkauf muss hier genauer hinsehen und mehr Verantwortung übernehmen. Deutschland ist der drittgrößte Importeur der Welt – wir können mit unserer Nachfrage eine Menge bewegen. Unsere Einkaufsstudie im letzten Jahr hat gezeigt, dass die Einschätzung des eigenen Einflusses auf eine nachhaltige Entwicklung und die Bewertung des Business Case sehr stark mit dem Kenntnisstand zum Thema Nachhaltigkeit korreliert. Daher fokussieren wir uns aktuell sehr auf den weiteren Ausbau unserer JARO Academy, mit der schon heute Einkäufer sich selbst, ihr Team und ihre Lieferanten weiterbilden können.

Welche Botschaft möchten Sie anderen Unternehmerinnen mitgeben?

Ich glaube, wir Frauen sind viel stärker, als wir oft selbst denken. Mutig zu sein, an sich und seine Ideen zu glauben und Dinge einfach mal auszuprobieren, das wird belohnt. Ich persönlich kann mich für viele Themen begeistern und für fast alle Seiten ausreichend Pro und Contra Argumente finden, was meine Entscheidungsfindung oft erschwert. Was mir in der Vergangenheit immer gut geholfen hat, war tatsächlich auf meinen Bauch zu hören. So war es auch bei der Vereinsgründung. Es hat sich damals richtig angefühlt, und das ist auch heute noch so. Zudem sollten wir Frauen uns gegenseitig noch viel mehr unterstützen.

Was schätzen Sie am Verband Der Mittelstand. BVMW besonders?

Besonders schätze ich den offenen Austausch mit den Verbandsmitgliedern und den Mitarbeiterinnen des BVMW, die Vielzahl der Veranstaltungen zu aktuellen Themen und die Möglichkeit des aktiven Engagements im Expertenkreis Nachhaltigkeit.

Weitere Informationen zum Projekt Starke Frauen – Starker Mittelstand:
https://bvmw.info/starke_frauen

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