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Themen

01.08.2022

Lieferketten und KMU: Zwischen Sorgfalt und Pflicht

Ob Zulieferer, Einzelhändler oder Produktionsbetrieb: Globale Liefer- und Wertschöpfungsketten zählen auch für kleine und mittlere Unternehmen zum Alltag.

Autor: Erik Wessels

Doch woher können sie wissen, unter welchen Arbeitsbedingungen Rohstoffe abgebaut wurden?

Wie können Zulieferer, Einzelhändler oder Produktionsbetriebe wissen, wie es um Themen wie Abwasser- und Umweltschutz oder Chemikalienmanagement steht, auch in ihrer tieferen Lieferkette in Entwicklungsländern? Wie können Sie realistisch mit solchen Themen in einer komplexen Lieferkette umgehen, auch wenn vielleicht gerade Liefersicherheit und Kostenfragen im Vordergrund stehen?

Das Thema menschenrechtliche Sorgfalt in der Lieferkette rückt immer mehr in den Vordergrund, auch weil ab dem 01. Januar 2023 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gilt. Unternehmen jeder Größe stehen vor Herausforderungen, wenn es um die Umsetzung von menschenrechtlicher Sorgfalt, Umwelt- und Sozialstandards geht. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Unternehmen weltweit. Diese Fragen beschäftigen viele KMU, spätestens seitdem im Juli 2021 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz beschlossen wurde.

Nicht die Augen verschließen, sondern das Thema angehen und versuchen, Schritt für Schritt die Lage zu verbessern.

Gültigkeit des Gesetzes

Das Gesetz gilt zum 01. Januar 2023 für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitern; ab dem 01. Januar 2024 für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern. Ein europäisches Lieferkettengesetz ist in Vorbereitung – die europäische Kommission hat dazu im Februar einen Richtlinien-Entwurf präsentiert, der, wenn er so verabschiedet würde, zum Beispiel schon für Unternehmen aus Risikosektoren mit einem Jahresumsatz von 40 Millionen Euro und mindestens 250 Beschäftigte gelten würde. Bei den Risikosektoren handelt es sich um die Bereiche Mode, Ernährung/Landwirtschaft und Bergbau/Rohstoffabbau. Davon unabhängig können allerdings kleinere Unternehmen als Zulieferer mittelbar betroffen sein: Wenn kleinere Unternehmen direkte Unternehmen beliefern, die unter das Gesetz fallen, können sie durch ihre Vertragsbeziehung (in der zum Beispiel menschenrechtsbezogene Erwartungen festgeschrieben sein könnten) zur Umsetzung von Sorgfaltsprozessen angehalten werden.

Grenzen der aktuellen Gesetzeslage

Bei vielen besteht die Angst davor, für das Verhalten von Dritten – auf das sie vielleicht wenig Einfluss haben – haftbar gemacht zu werden. Erik Wessels, Leiter des Helpdesks Wirtschaft & Menschenrechte, äußerte dazu: „Hier kann ich Unternehmen beruhigen: Es soll keine gesetzliche Haftung für das Verhalten Dritter in der Lieferkette geben, auch keine Garantie- oder Erfolgspflicht, sondern lediglich eine Bemühungspflicht ist festgeschrieben. Diese ist für viele Unternehmen auch nicht nur eine gesetzliche Frage, sondern auch eine Frage der eigenen unternehmerischen Verantwortung und Werte.“

Umsetzung der Bemühungspflicht

Eine Herausforderung kann es sein, einen tieferen Blick in die Liefer- und Wertschöpfungskette zu werfen. Besonders wenn man weiß, dass dort möglicherweise hohe Risiken wie Kinderarbeit bestehen oder kaum Einfluss auf die Löhne oder Arbeitszeiten in anderen Ländern genommen werden kann. Hierbei ist wichtig: Nicht die Augen verschließen, sondern das Thema angehen und versuchen, Schritt für Schritt die Lage zu verbessern. Es empfiehlt sich, zuerst die Risiken zu identifizieren, mit den höchsten Risiken anzufangen und zum Beispiel das kostenloses Online-Tool KMU-Kompass (siehe Infokasten) für ein strukturiertes Vorgehen zu nutzen. Oft kann auch vorhandenes Wissen im Unternehmen genutzt werden, teilweise gibt es Branchenlösungen oder -initiativen, gerade für die tiefere Lieferkette. Es geht darum, Prozesse umzusetzen, die Umwelt- und Sozialaspekte in die Aktivitäten des Unternehmens zu integrieren, um die Risiken, die in diesen Bereichen bestehen, managen zu können.

Hier kommen die zahlreichen Unterstützungsangebote für kleine und mittelständische Unternehmen ins Spiel. So bietet der Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte, ein Unterstützungsangebot der Bundesregierung, individuelle, kostenfreie und vertrauliche Beratung zur Verankerung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten in Unternehmensprozessen an. Der Helpdesk unterstützt Unternehmen dabei, nachhaltige Managementprozesse erfolgreich zu etablieren.

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