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München, 03.05.2023 Lesezeit: 3 Minuten

Grüne und Mittelstand fordern Aussetzung der Corona Soforthilfe-Rückzahlungen

Autor: Achim von Michel

„Die Auskunft der Staatsregierung bestätigt, dass es in Bayern weiterhin keine klaren Regeln geben soll, die allgemein gültig sind und den Unternehmen Planungssicherheit geben. Stattdessen wird für eine kleine Gruppe Betroffener durch Einzelfallprüfung zunächst eine neue bürokratische Hürde aufgebaut und das Ergebnis dann ‚nach Ermessen‘ bewertet“, fasst Achim von Michel (BVMW Bayern) die Lage zusammen.

Die Fraktion der Grünen im bayerischen Landtag fordert jetzt gemeinsam mit dem BVMW in Bayern eine vorübergehende Aussetzung der Rückzahlungspflicht von Corona-Soforthilfeleistungen aus dem Jahr 2020. Die Aussetzung soll so lange gelten, bis rechtssichere und gerechte Lösungen für Unternehmen und Soloselbstständige geschaffen worden sind.

Der Grund: Die aktuelle Regelung der Staatsregierung zum Erlass der Corona-Soforthilfe-Rückzahlungen führt zu Ungerechtigkeit. Denn für diejenigen, die bereits Rückzahlungen geleistet haben, gelten die neuen Regelungen nicht. Sie profitieren nicht mehr von dem Erlass – unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage und egal, wie sehr sie das Geld bräuchten.

Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag äußerte sich äußerst kritisch zu der neuen Regelung durch die Staatsregierung. Sie fände es zwar grundsätzlich richtig, wenn Geld, das nicht gebraucht wurde, wieder an den Staat zurückgezahlt wird. Allerdings kritisierte sie die Unruhe und Ungerechtigkeit, die die Regelung für Unternehmer und Solo-Selbstständige bringt. Das Verhalten der bayerischen Staatsregierung sei kaltschnäuzig und werte die Leistungen ab, die Menschen für die bayerische Wirtschaft und Kultur erbringen, so Schulze. Deshalb fordert sie gemeinsam mit ihrer Fraktion, “die Rückzahlungspflicht so lange zu stoppen, bis die Staatsregierung faire Rahmenbedingungen erarbeitet hat, die niemanden benachteiligen und für alle gelten.“

Da die Regelungen zum Erlass der Corona-Soforthilfen weitere Mängel aufweisen, äußert die Fraktion der Grünen zusätzliche Kritikpunkte:

  • Erstens werden von den Behörden keine Rückforderungsbescheide erlassen.
    Stattdessen müssen Betroffene erst selbst eine Überprüfung ihres Liquiditätsengpasses vornehmen. Erst nach diesem verpflichtenden Rückmeldeverfahren werden dann entsprechende Widerrufs- und Rückforderungsbescheide erlassen. Durch die selbst durchgeführte Überprüfung der Betroffenen wird es bei den Rückforderungen aber zu unterschiedlichen und daher ungerechten Ergebnissen kommen.
  • Zweitens dienen für die Erlass-Prüfung die Werte des letzten verfügbaren Einkommenssteuerbescheids. Einkommenssteuerbescheide, die ein oder zwei Jahre alt sind, geben jedoch keine Auskunft über die tatsächliche aktuelle Lage eines Unternehmens. Somit kann die wirtschaftliche Situation überhaupt nicht fair und korrekt erfasst werden.
  • Und drittens ist in Bayern für einen (Teil-)Erlass der Rückforderung die sogenannte Existenzgefährdung ausschlaggebend. Von einer Existenzgefährdung wird ausgegangen, wenn das vorhandene Geld nicht ausreicht, um die Rückzahlung (auf einmal oder als Ratenzahlung) zu leisten. So aber wird sinnvolles Wirtschaften derjenigen verhindert, die durch die Rückzahlungen nahe ans Existenzminimum gerückt sind: Zukunftsfähiges Investieren, um die eigene wirtschaftliche Situation auf lange Sicht wieder zu verbessern, ist so nicht mehr möglich. Außerdem gibt es bis jetzt immer noch keine klare Regelung dafür, wann ein Erlass und wann ein Teilerlass in Frage kommt.

Achim von Michel, Politikbeauftragter des BVMW in Bayern empfiehlt daher: „Der BVMW Bayern bleibt bei seiner Position: Zum derzeitigen Zeitpunkt ist es besser, keine Rückzahlungen zu leisten. In Kürze wird die erste Klage eingereicht, dann steht der gesamte Vorgang der Corona-Soforthilfen-Rückzahlung auch in Bayern auf dem juristischen Prüfstand. Dieses Ergebnis und gegebenenfalls auch die Entscheidungen der weiteren Gerichtsinstanzen sollte man zunächst abwarten.“

Bei der Rückzahlung der Corona-Soforthilfen scheint das letzte Wort also noch nicht gesprochen zu sein.


Update: Stand am 6. Juni 2023

Inzwischen wurde die erste Klage gegen die Rückforderungen und das zugehörige Onlineverfahren vor dem Münchner Verwaltungsgericht eingereicht. Kläger ist ein in der Nähe von München ansässiges mittelständisches Unternehmen. Ebenso startete Christoph Sackerer von der Agentur branda.works eine Petition vor dem bayerischen Landtag, um die Aussetzung der Rückzahlungen zu erwirken.

Die Frist für die Teilnahme am Rückmeldeverfahren endet ursprünglich am 30. Juni. Wirtschaftsminister Aiwanger kündigte nun an, sie bis Mitte November zu verlängern. Grund dafür sei, dass sich viele Betriebe bis jetzt noch nicht am Rückmeldeverfahren beteiligt hätten. Vor einigen Wochen gab das Wirtschaftsministerium bekannt, dass Betriebe mit einem Gewinn von unter 30.000 Euro nach Steuern eine Erlassung der Rückzahlungspflicht beantragen könnten. Das passende Antragsformular sei ab Anfang Juli auf einer Onlineplattform verfügbar, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.

(Bild: Pixabay)


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