Christoph Ahlhaus

Mittelständler fragen - PolitikerInnen antworten: Christoph Ahlhaus, CDU

Zu Ihren Fragen:

1. Wie bewerten Sie die Perspektive und Zukunft des deutschen Mittelstandes?

Der deutsche Mittelstand befindet sich in einer der größten Krisen in seiner Geschichte. Und dies nicht wegen unternehmerischer Fehlleistungen, sondern wegen der coronabedingten Rahmenbedingungen. Ich bin allerdings sehr zuversichtlich, daß wir mit den fortschreitenden Impfungen in absehbarer Zeit schrittweise wieder Rahmenbedingungen haben, die es unserem Mittelstand ermöglichen, wieder voll durchzustarten. Die Struktur unserer mittelständischen Wirtschaft ist hierfür besonders günstig. Das hat in der Vergangenheit funktioniert und wird auch diesmal wieder funktionieren. Ich bin da sehr optimistisch. Wichtig dabei ist allerdings, daß Politik und Gesellschaft die Rahmenbedingungen für den Aufschwung im Mittelstand richtig setzen und diesen nicht aus ideologischer Verblendung zusätzlich erschweren.

2. Wie stellen Sie sich den Abbau der gemachten Schulden im Haushalt vor?

Der Schuldenabbau der immensen coronabedingt angehäuften Schulden wird eine Herkulesaufgabe sein. Der Bundesfinanzminister hat den Mund sehr vollgenommen und Erwartungen geweckt, die meines Ermessens teilweise unrealistisch sind. Natürlich muss der Staat nach dem Ende der Pandemie Einsparpotentiale finden, die auf der anderen Seite dringend benötigte auch staatliche Investitionen nicht abwürgen. Dies darf aber nicht den Aufschwung gefährden, indem zusätzliche Belastungen auf die Leistungsträger zu kommen, die den Aufschwung schaffen müssen. Vielmehr müssen Luxusausgaben des Staates aus den vergangenen „fetten Jahren“ auf den Prüfstand. Und ansonsten gilt: Ein solider Aufschwung spült auch Geld in die Kassen des Staates, weshalb der Staat im eigenen finanziellen Interesse dem Mittelstand als Rückgrat der deutschen Wirtschaft die nötigen Rahmenbedingungen geben muß, damit er das Geld verdienen kann, was die Politik ausgibt.

3. Wie schätzen Sie die Zukunft des EURO ein?

Der EURO ist alternativlos. Er wird auch stabil bleiben. Voraussetzung ist aber, dass sich Europa wieder zusammenfindet. Hier hat Deutschland als die mit Frankreich führende Nation in den vergangenen fünf Jahren leider alles andere als glücklich agiert. Der Bundeskanzlerin fehlt die nötige Empathie um auch mit schwierigen Staatsoberhäuptern klar zu kommen. Die deutsche Ratspräsidentschaft hat leider überhaupt nichts bewirkt. Das muss sich ändern, das kann sich ändern und dann wird der EURO stabile Leitwährung bleiben.

4. Erwarten Sie eine Inflation?

Nein, ich erwarte keine Inflation. Hier sitzen zum Glück derzeit alle im gleichen Boot, so daß es den zuständigen Institutionen gelingen wird, eine Inflation zu vermeiden.

5. Da wir von einer Industrie - in eine Digitalgesellschaft gehen die Frage, erwarten Sie eine „neue“ Bildungspolitik ?

Ja, wir brauchen in vielen Bereichen neue Schwerpunkte in der Bildungspolitik. Vor allem das Niveau der Schulabgänger muss deutlich angehoben werden. Ein Baustein des Nachkriegswirtschaftswunders war die international hoch angesehene Bildungslandschaft in Deutschland. Das sieht heute ganz anders aus.

6. Wie sehen Sie die Zukunft unserer Arbeitsgesellschaft?

Sicherlich wird es mehr Digitales Arbeiten und Homeoffice geben. Wer aber glaubt, das alleine wäre die Zukunft unserer Arbeitsgesellschaft irrt. Viele Branchen funktionieren so nicht. Und wir alle wissen doch, das Wirtschaft auch viel mit Emotion und nicjt nur mit rationalem Handeln zu tun hat. Weder Zoom-Meetings noch künstliche Intelligenz können das ersetzen.

7. Wie bewerten Sie die mir immer wieder gestellte Frage, warum Politiker in diesen „sorgenvollen“ Zeiten keine – oder geringe - Solidarität zeigen?

Es stimmt nicht, daß Politiker im allgemeinen keine Solidarität mit den coronabedingt leidenden Unternehmen zeigen. Ja, es werden auch Fehlentscheidungen getroffen. Zur Wahrheit gehört aber auch, daß diese Krise beispiellos ist und über die Entwicklung der Pandemie niemand verlässliche Aussagen machen kann. Bei allen Fehlern und Ärgernissen: Deutschland ist so gut wie kaum ein anderes Land durch die Krise gekommen. Die Politik nimmt enorm viel Geld in die Hand, um die Folgen abzumildern. Es gibt Fehler, aber der Vorwurf, die Politik sei flächendeckend unsolidarisch, halte ich nicht für gerechtfertigt.

8. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Medien?

Die Medien sind für viele gesellschaftliche Entwicklungen nicht hilfreich. Aber weder die freie Berichterstattung noch den technischen Fortschritt in der Geschwindigkeit der Verbreitung können und wollen wir aufhalten. Das in den Medien viele moralische Prinzipien keine Beachtung mehr finden ist ein gesellschaftliches Problem, was nicht nur den Journalistenethos betrifft, sondern letztlich in allen gesellschaftlichen Gruppen zu finden ist.

9. Wie ist Ihr Zukunftsbild unserer Gesellschaft?

Ich sehe bei allen Schwierigkeiten eine positive Entwicklung. Aber wir brauchen einen Diskurs, in den wir uns als Mittelstand hörbar und durchsetzungsstark einbringen müssen.

Christoph Ahlhaus., CDU
Generalsekretär des BVMW Bundeswirtschaftssenats

Er war von August 2010 bis zum März 2011 Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg.

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