Urteil

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Themen

Recht
04.04.2024

Compliance-Thema Schutzrechtsverletzungen

Geschäftsführer haben die Pflicht, im Unternehmen entsprechende Zuständigkeiten, Richtlinien und Kontrollmechanismen in Bezug auf geistiges Eigentum zu etablieren.

Autor: Marco Hoffmann

Das Landgericht Düsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 08.11.2022 einige Grundsätze zur Haftung von Unternehmen und auch deren Geschäftsführern zusammengefasst.

Im Falle einer schuldhaften Patentverletzung kann der Patentinhaber vom Patentverletzer u.a. Schadensersatz verlangen (das gilt entsprechend für die Verletzung anderer Schutzrechte wie Marken, Designs, Geschäftsgeheimnis). Dabei genügt fahrlässiges Handeln um ein Verschulden zu begründen: „Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ BGB § 276 Abs. BGB § 276 Absatz 2 BGB). Der Vorwurf der Fahrlässigkeit einer Patentverletzung setzt voraus, dass der objektiv patentverletzend Handelnde den patentverletzenden Charakter seines Verhaltens bei Anwendung der verkehrserforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können.“

Bei einer Schutzrechtsverletzung wird als Regelfall davon ausgegangen, dass ein Verschulden vorliegt: „Da sich grundsätzlich jeder Gewerbetreibende vor Aufnahme einer Benutzungshandlung nach etwa entgegenstehenden Schutzrechten Dritter zu vergewissern hat und die erfolgte Patenterteilung in allgemein zugänglichen Quellen bekannt gemacht wird, kann aus dem Vorliegen einer rechtswidrigen Benutzung des Patents in aller Regel auf ein (zumindest fahrlässiges) Verschulden des Benutzers geschlossen werden.“

In der Entscheidung werden auch konkrete Pflichten genannt: „Von Gewerbetreibenden wird erwartet, dass sie sich über fremde Schutzrechte informieren, die ihren Tätigkeitsbereich betreffen und sie auch deren Schutzbereich prüfen, sofern die Art ihrer gewerblichen Tätigkeit es nicht als ausgeschlossen erscheinen lässt, dass von geschützten Gegenständen oder Verfahren Gebrauch gemacht wird. Insbesondere müssen Herstellungsunternehmen, deren Produkte fremde Schutzrechte verletzen könnten, die Schutzrechtslage überprüfen und sich auf geeignete Weise vergewissern, dass das eigene Erzeugnis nicht mit Rechten Dritter kollidiert. Aber auch von einem reinen Handelsunternehmen, das auf technische Gegenstände einer bestimmten Art oder Gattung spezialisiert ist, ist grundsätzlich eine eigene Prüfung der Schutzrechtslage zu erwarten. Dies gilt selbst dann, wenn die Prüfung wegen der technischen Komplexität des betroffenen Gegenstandes mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden ist.“

Diese Prüfungspflichten können unter bestimmten Umständen reduziert sein: „Hat in der Zulieferkette bereits eine ernsthafte, sorgfältige und sachkundige Prüfung daraufhin stattgefunden, ob das Produkt Schutzrechte im Bestimmungsland verletzt, so reduziert sich die Pflicht des Händlers darauf, sich zu vergewissern, dass die Schutzrechtslage verlässlich verifiziert worden ist. Dabei muss der Nachweis eingefordert werden, dass eine sachkundige und hinreichend erfahrene Person die Verletzungsfrage gewissenhaft mit dem (zumindest vertretbaren) Ergebnis einer Nichtverletzung begutachtet hat, und zwar sowohl in tatsächlicher Hinsicht (Beschaffenheit der angegriffenen Ausführungsform) als auch in rechtlicher Hinsicht (Eingriff in den Schutzbereich?). Wer selbst keine geeigneten Untersuchungen anstellt und wem auch von seinem Zulieferer kein verlässlicher Nachweis über die Nichtverletzung präsentiert wird, aber dennoch den Vertrieb aufnimmt, handelt schuldhaft.“ Erforderlich sind demnach eine vertiefte Recherche und eine eingehende Prüfung der Rechtslage durch Fachleute. Eine kurze Einschätzung genügt also nicht.

Wichtig zu wissen: „Geschäftsführer haben kraft ihrer Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen. Kraft seiner Verantwortung für die Organisation und Leitung des Geschäftsbetriebs und der damit verbundenen Gefahr, dass dieser so eingerichtet wird, dass die Produktion oder Vertriebstätigkeit des Unternehmens die fortlaufende Verletzung technischer Schutzrechte Dritter zur Folge hat, ist der gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft deshalb grundsätzlich gehalten, die gebotenen Überprüfungen zu veranlassen oder den Geschäftsbetrieb so zu organisieren, dass die Erfüllung dieser Pflicht durch dafür verantwortliche Mitarbeiter gewährleistet ist. Geschäftsführer haften ab dem Zeitpunkt ihrer Bestellung zuzüglich eines Monats Karenzzeit auf Schadensersatz.“

Das OLG Düsseldorf erweitert in einer Entscheidung vom 03.11.2022 die Haftung auch auf Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft einer GmbH & Co. KG.

Unternehmen sollten diese Pflichten ernst nehmen und rechtzeitig vor der Einführung neuer Produkte entsprechende Maßnahmen (Recherchen, Rechtsgutachten) einleiten.

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