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01.10.2022

Was vom Osterpaket der Bundesregierung übrig bleibt

Die Bundesregierung hat mit Amtsantritt umfassende Reformpakete im Energiebereich angekündigt.

Autor: Alexander Stork

Mit dem sogenannten Osterpaket wurden vor der Sommerpause wichtige Bausteine dieser Reformagenda verabschiedet. Wie sehr helfen die beschlossenen Maßnahmen dabei, bürokratische Hürden abzubauen, die Energiekosten zu senken und die Klimaziele zu erreichen?

Die im August veröffentlichten Ergebnisse der BVMW Energiepreis-Umfrage zeichnen ein düsteres Bild der Lage vieler Mittelständler im Land: 75,52 Prozent der rund 850 befragten Unternehmen leiden erheblich unter der Kostenexplosion der vergangenen Monate. 42,36 Prozent gaben gar an, um die Existenz ihres Unternehmens zu fürchten. Sorgen, die mit umfassenden Reformpaketen und einer Neuausrichtung des Energiesektors gelindert werden sollten. Mehr Flächen für die Windkraft, schnellere Genehmigungsverfahren und grundsätzlich weniger Bürokratie sollen den Ausbau der erneuerbaren Energien in nie dagewesener Weise beschleunigen.

Das Osterpaket – ein Schritt in die richtige Richtung

Nach langen Verhandlungen konnte das lang ersehnte Osterpaket im Juli endlich vom Bundestag verabschiedet werden. Und tatsächlich brachte es viele wertvolle Neuerungen mit sich. So konnten die Ausbauziele für die erneuerbaren Energien deutlich angehoben und zum Beispiel die Auktionsvolumen der Photovoltaik ab 2023 entsprechend erhöht werden. Zusätzlich konnte der Eigenverbrauch bei großen Solardächern vereinfacht und die Förderanreize verbessert werden. Für die Windkraft sollen künftig mehr Flächen zur Verfügung stehen – mindestens zwei Prozent der Landesfläche bis Ende 2032 – und einfachere Genehmigungsverfahren den Ausbau beschleunigen.

Viele offene Fragen

So positiv dieser erste Schritt für die Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien ist, so viele Fragen bleiben jedoch offen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die geplante klare Aufteilung in ein Oster- und ein Sommerpaket nachhaltig durcheinandergebracht. Was als Komplettpaket für den Sommer geplant war, mutet nun eher wie eine Sammlung von Einzelmaßnahmen an. Zusätzlich werden viele Aspekte, die schon im Osterpaket bearbeitet wurden, nun vor dem Hintergrund des Krieges erneut aufgeschnürt.

So wurde die 70-Prozent-Kappungsgrenze bei PV-Anlagen zunächst nur für Neuanlagen abgeschafft, und auch erst ab dem 1. Januar 2023. Nun ließ das Ministerium verlauten, dass diese Regelung auch für Bestandsanlagen übernommen werden solle, was jedoch einen weiteren Gesetzgebungsprozess nötig machen würde. Auch die vom Mittelstand mehrfach nachdrücklich geforderte Vereinfachung des Netzanschlusses von fertiggestellten Photovoltaikanlagen wurde bisher nicht mit der notwendigen Konsequenz verfolgt. Viele Potenziale bleiben so durch die weiterhin hohen bürokratischen Hürden ungenutzt.

Maßnahmenpaket mit unklaren Auswirkungen

Auch die Reduktionsmaßnahmen im Gebäudesektor hinken den eigenen Ansprüchen hinterher. Im Osterpaket spielte das Thema Energieeffizienz und vor allem auch die wichtige Sanierung von Bestandsgebäuden lediglich eine untergeordnete Rolle. Die Zerfaserung der nun angeschobenen Maßnahmen lässt die Gefahr wachsen, dass die Gesetzgebungsprozesse zunehmend ineffizient ablaufen. Doch gerade im Wärmebereich ist eine enge Abstimmung der Maßnahmen von entscheidender Bedeutung. Dies zeigt vor allem das im Sommer vorgelegte Sofortprogramm für den Gebäudesektor, das durch die Zielverfehlung bei der Emissionsminderung im Jahr 2021 notwendig geworden war. Der Expertenrat für Klimafragen fällte in seiner Bewertung des Sofortprogramms ein klares Urteil: Zwar könnten die angeführten Maßnahmen einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz leisten, ob und in welchem Umfang sie am Ende durchführbar sind, ist aber mit großen Unsicherheiten verbunden.

Klar bleibt bei alldem: Gut gemeinte und schön formulierte Ziele werden am Ende nicht reichen. Damit die Reformagenda effektiv zur Entspannung der Lage beitragen kann, müssen die bürokratische Hürden schneller und konsequenter abgebaut werden als bisher. Zusätzlich müssen die geplanten Maßnahmen auch mit den geeigneten Ressourcen hinterlegt werden. Dies gilt nicht nur auf der Investitionsseite, sondern auch bei der Verfügbarkeit von Fachkräften für die Planung und Umsetzung von Projekten. Damit dies gelingt, ist ein enger Austausch mit dem Mittelstand unabdingbar.


Alexander Stork
BVMW Stellvertretender Leiter Volkswirtschaft, Referent für Energie, Nachhaltigkeit, Mobilität und Logistik
alexander.stork@bvmw.de

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