Das BVMW-Netzwerk für weibliches Unternehmertum
Carina Schmidt-Pförtner
Die Eigentümerin HS Industrie Service GmbH im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.
Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin zu werden?
Beide Eltern waren selbstständig und Vorbilder für mich – ich habe immer schon in den Ferien im väterlichen Unternehmen mitgearbeitet. Er hat mich gefragt, ob ich seine Firma übernehmen möchte und ich habe mich nach nur einem Wochenende Bedenkzeit dafür entschieden. Ich wollte nicht, dass das elterliche Unternehmen in fremde Hände fällt.
Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen?
Definitiv!! Ja, ich wusste, dieser Weg wird nicht immer leicht sein, aber ich würde diesen Weg wieder wählen. Vielleicht hätte ich heute so manche „Abkürzung“ gewählt, aber bekanntlich ist der Weg das Ziel und ich bereue meine Entscheidung, Unternehmerin zu werden, auf gar keinen Fall.
Welche Entscheidung würden Sie für sich als die wegweisendste bezeichnen?
Die Zusammenarbeit mit meinem Vater! Alle haben gesagt, wir würden nicht klar kommen, da wir uns vom Wesen her so ähnlich sind. Das Gegenteil war der Fall. Wir haben viel voneinander gelernt. Ich mehr als er, aber der frische Wind hat auch ihm gut getan und damit unserem Unternehmen im Ganzen, was wir zusammen weiterentwickelt haben. Ich konnte von ihm lernen und musste seine Fehler nicht wiederholen.
Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?
Tatsächlich ist jede Selbstständigkeit/Unternehmerschaft immer wieder eine Reise zu sich selbst. An den Herausforderungen des Alltags zu wachsen, gelingt einem nur, wenn man sich immer wieder seinen eigenen Schwächen stellt und sich damit auseinandersetzt. Man kann nur gut führen, wenn man klar in seinen Zielen ist und die Menschen um sich herum achtet, wie sie nun mal sind. Auch ist die Anpassung an die Bedürfnisse des Marktes immer eine Herausforderung.
Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?
Mit der strategischen Ausrichtung der Unternehmen für die Zukunft. Dabei insbesondere damit, was unsere Kunden in Zukunft brauchen – zuverlässige Lieferstrukturen durch optimale Lagerhaltung, Logistikkonzepte oder Automatisierung. Wir wollen unseren Kunden als Full-Service-Dienstleister und nicht nur als Handelspartner, sondern auch als Problemlöser für ihre Maschinen und Anlagen und als Dienstleister zur Verfügung stehen.
Die Kunden brauchen heute Partner, die sich mit ihnen gemeinsam auf neue Arbeitswelten und die Anforderungen der Zeit und Märkte einstellen.
Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?
Meine Art, mit meinem Team umzugehen, kommt zu mir zurück – Loyalität, Verbindlichkeit und Leistungswille. Wir haben eine geringe Fluktuation und wenig Krankentage unserer Mitarbeiter.
Welche Botschaft möchten Sie frisch gebackenen Unternehmerinnen mitgeben?
Als Vorsitzende des Verbandes deutscher Unternehmerinnen Thüringen ist es mein Hauptziel, Frauen zu ermutigen, ihre Fähigkeiten als Unternehmerinnen einzubringen – es gibt nichts inspirierendes und intensiveres, als diese Erfahrung weiterzugeben. Ich möchte auch für Arbeitnehmerinnen ein sicherer Hafen mit Rückenwind in deren Lebensplanung sein; privat und gesellschaftlich Werte schaffen, sind lohnenswerte Ziele! Die Hauptursache für Erfolg ist die Kreativität und der Glaube an sich selbst, die gestellten Ziele zu erreichen und das eigene kreative Potenzial auch entsprechend umzusetzen. Wer keine Ziele im Leben hat, verläuft sich im täglichen Arbeitsdschungel.
Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von Unternehmerinnen und der Entwicklung von Frauen in Unternehmen im Allgemeinen…..
Ich erwarte, dass die Politik die Rahmenbedingungen schafft, damit sich die Unternehmen wirtschaftlich gesund entwickeln können. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Führungsetage frauen- oder männergeführt ist. Außerdem erwarte ich, dass durch die Politik die bürokratischen Mehrbelastungen endlich abgebaut werden, denn viele der zu bewältigenden Maßnahmen sind „bürokratiebildend“ statt „bürokratieabbauend“!!
Welches Buch empfehlen Sie angehenden Unternehmerinnen / Führungskräften?
Alle Bücher/Veröffentlichungen von Stefan Merath
Womit schaffen Sie in Ihrer Freizeit einen Ausgleich zu Ihrem Arbeitsalltag?
Zusammen mit meinem Mann und Freunden reisen wir gern ‑ kombinieren unsere Touren in vorrangig Weinanbauregionen mit Wandern oder Fahrradfahren.
Womit beginnt ein guter Tag?
Ein guter Tag beginnt für mich mit einer halben Stunde intensivem Sport, einem gutes Frühstück, einem lächelnden Team, zufriedenen Kunden und wenig Terminen…
Was macht Sie zu einer guten Chefin?
Dasselbe, was auch einen Mann zum guten Chef macht. Ich stehe hinter meinem Team und zu meinem Wort. Meine Entscheidungen sind nie leichtfertig gefällt und schaffen ein sicheres Arbeitsumfeld. Ich achte auf ein gutes Betriebsklima und gute Arbeitsbedingungen.
Was wird Ihr nächstes Projekt?
Ich möchte die Digitalisierung der Prozesse noch weiter vorantreiben. Wir wollen DIE Automatisierungsexperten in Thüringen werden und weiterhin der Marktführer in unserer Branche bleiben.
Was haben Sie von Ihrem Team gelernt?
Ich lerne jeden Tag von den Menschen aus meinen beiden Teams. Manchmal sind es technische Sachen, aber auch mal zwischenmenschliche Dinge oder der Umgang mit Eigenheiten. Besondere Unterstützung habe ich von meinen beiden Betriebsleitern Tommy Born (Gotha) und Ronny Müller (Nordhausen) – manchmal erinnern sie einen auch an die eigenen kleinen Schwächen oder ermutigen mich, Dinge neu zu denken oder überholte Abläufe anzugehen und abzuändern.
Wie stehen Sie zum Thema Gendern?
Ich finde es im allgemeinen Sprachgebrauch sehr schwierig, ja sogar sperrig. Ich erlebe die Anwendung nur bei offiziellen Anlässen, im Privaten scheint es sich nicht durchzusetzen. Für mich als Frau finde ich gendern nicht förderlich, um Gleichberechtigung zu erreichen. Es gibt doch eben diesbezüglich noch so viel mehr, als nur den Sprachaspekt anzuwenden.
Carina Schmidt-Pförtner
HS Industrie Service GmbH
www.hs-industrie.de