Manuela Gilgen

Manuela Gilgen

Themen

Unternehmertum
11.06.2021

Manuela Gilgen

Die Geschäftsführerin der Gilgen’s Bäckerei & Konditorei GmbH & Co. KG im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.

Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin zu werden?

Mir lag es schon immer, Dinge zu bewegen, real etwas zu erschaffen, um zu gestalten. Deshalb entschied ich mich schon sehr früh dazu, mit dem Abschluss als Bürokauffrau der Handelsschule in der Tasche, direkt ins Berufsleben zu starten. Als die Entscheidung anstand, auch im Familienbetrieb mit in die Geschäftsleitung einzusteigen, war es für mich reine Formsache, denn ich war sowieso schon mit Leib und Seele dabei, um gemeinsam unseren Traum von Expansion und Wachstum wahr werden zu lassen.

Auch das Familienleben war und ist mir wichtig, jedoch habe ich schnell gemerkt, dass mein Herz für beides schlägt. Für Familie wie auch für Karriere. Auch, wenn es nicht immer einfach war, so habe ich es geschafft, beides zu vereinbaren. Denn ich wusste recht schnell: Nach dem damals noch viel mehr verbreiteten Modell „Der Mann ist der Ernährer“ will ich nicht leben und das hätte mich auch nicht glücklich gemacht. Ich bin der Macher-Typ. So habe ich vier Monate nach der Geburt unserer Tochter wieder angefangen 8 Stunden in der Woche im Büro zu arbeiten. Dank einer Freundin, die in dieser Zeit die Betreuung übernommen hat. Mit solchen Ereignissen ändert sich die Einstellung zum Thema „Frau und Beruf“. Heute ziehe ich meinen Hut vor unseren alleinerziehenden Teilzeitauszubildenden und Teilzeitmitarbeiterinnen. Mit den Jahren merkte ich schnell, dass es mir große Freude bereitet, Menschen zu fordern und zu fördern, um ihnen eine Perspektive zu geben. Das fängt bei unseren Azubis an und hört bei den Führungskräften auf.

Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg noch einmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen?

Natürlich gibt es immer etwas, wo man sagt: Das hätte ich anders machen können. Rückblickend weiß man auch nicht so wirklich, ob es besser geworden wäre, und oft ist es auch wichtig, Fehler zu machen. Ich habe weder Studium noch Abitur. Damals war das für mich die beste Entscheidung, weil ich einfach arbeiten wollte und mir nicht vorstellen konnte, die Schulbank noch weiter zu drücken. Heute denke ich manchmal: Hättest du mal weiter die Schule besucht. Aber wäre mein Leben dann besser?

Mein Weg wäre sicherlich ganz anders verlaufen und ob ich die Chance bekommen hätte, für 600 Menschen in der Unternehmensführung verantwortlich zu sein, weiß man nicht. Weiterbildung ist für mich immer wichtig und selbstverständlich. Berufsbezogen und praktisch – auch in dieser schwierigen Zeit. Ich nehme an vielen Online-Seminaren teil, tausche mich im Erfa-Kreis aus.

Welche Entscheidung würden Sie für sich als die Wegweisendste bezeichnen oder auch als die, aus der Sie am meisten gelernt haben?

Ich glaube, viele Entscheidungen haben mich viel lernen lassen. Was ich aber seit jeher mit auf meine Reise nehme, ist die Entscheidung, Stillstand nicht zuzulassen. Stillstand ist für mich fast ein bisschen mit Aufgeben gleichzusetzen. Zahlen sind mir sehr wichtig. Im Laufe der Jahre habe ich erkannt, dass ein gutes Bauchgefühl im Geschäft oft eine wichtige Rolle spielt. Wir haben gesehen, wie andere die eine oder andere Analyse durchführten, und am Ende doch gescheitert sind. Auch mit einer Bauchentscheidung kann man danebenliegen, aber bislang bin ich damit gut gefahren.

Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?

Wir stehen gerade mitten in der Digitalisierung. Corona hat uns hier noch einmal Schubkraft gegeben. Vor ein paar Monaten haben wir einen Online-Shop ins Leben gerufen. Auch sind wir gerade in der Umstellung, in vielen Bereichen papierlos zu werden. Die Buchhaltung und auch das Bewerbermanagement werden digitalisiert, die Personaleinsatzplanung läuft nun ebenfalls über ein Tool. Dazu sind wir auf dem Weg zur papierlosen Filiale, auch dank eines digitalen Programmes, welches gerade in der finalen Einführungsphase ist. Ebenso wird der Kunde in den Filialen neues entdecken, denn wir arbeiten vermehrt mit digitalen Tafeln. Neben der Digitalisierung spielen weitere Punkte eine Rolle – wir haben eine Marketingabteilung etabliert, die sich unter anderem auch um das Thema Markenoptimierung kümmert. Das erste Projekt war ein neues Corporate Design und damit einhergehend eine kleine Logoänderung. Im Bereich der Produktentwicklung brachten wir neue Produkte an den Start, die auch in diesen Zeiten angenommen werden, wie liebevoll zusammengestellte Frühstücks-to-go-Boxen und anlassbezogene Geschenkboxen. Zudem haben wir intern umstrukturiert und die neue Position der Gesamtverkaufsleitung eingeführt.

Welche Botschaften möchten Sie anderen Unternehmerinnen mitgeben?

Natürlich ist für viele von uns das letzte Jahr nicht einfach gewesen. Aber ich bin mir sicher, dass man fast immer die Wahl hat, etwas zu verändern. Auch dann, wenn es nicht danach aussieht. Jeder sollte sich eher auf das Licht am Ende des Tunnels konzentrieren, statt in Schockstarre zu fallen. Eines ist sicher, Stillstand und mangelnde Aktivität, hat noch niemanden weitergebracht. Auch ich musste diese Situation erst einmal begreifen und tief durchatmen. Bei uns werden Löhne für 600 Mitarbeiter gezahlt, deshalb war es schnell klar: wenn wir nicht handeln, wäre das fatal. Wir haben uns schnell und direkt auf Lösungen fokussiert, die einen Ausweg boten. Auch wenn es sich so darstellt, dass die Situation nicht veränderbar ist (z. B. im Falle von Corona), ist es wichtig, seine eigene Einstellung, das Umfeld und die Handlungswege zu verändern.

Was schätzen Sie am Verband Der Mittelstand. BVMW besonders?

Wir sind schon ewig Mitglied im Verband. Der Netzwerkgedanke wird hier vorbildlich gelebt. Allen voran Frau Dagmar Mayer, die stets mit Rat und Tat zur Seite steht. Sie lebt das Netzwerken und wann immer man sich an sie wendet, kennt sie jemanden, der weiterhelfen kann. Sei es zum Austausch, für das Business, zum Zuhören oder einfach zur Inspiration.

Dazu schätze ich das Angebot der Veranstaltungen, wie auch deren Qualität. Denn seien wir einmal ehrlich: Zeit ist Geld und sicherlich hat jeder auch schon Workshops und Seminare besucht, die viel Zeit gekostet haben, aber wenig Nutzen brachten. Doch hier ist es anders. Viele Veranstaltungen haben mich fachlich und persönlich weitergebracht. Sei es durch die Inhalte, aber auch durch das „Umfeld“. Man lernt immer wieder interessante Persönlichkeiten aus der Region kennen.

Infos zur Person

Manuela Gilgen

  • Geboren 1971
  • Verheiratet, 1 Kind
  • Ausbildung zur Bürokauffrau
  • Seit 1994 im Unternehmen
  • Seit 2008 in der Geschäftsführung mit Ehemann Franz-Josef Gilgen
  • CSR-Botschafterin

Infos zum Unternehmen

Gilgen’s Bäckerei & Konditorei GmbH & Co. KG

  • Seit 1880, heute in der 4. Generation
  • 2016 Gesamtpreisträger des Bonner Unternehmerpreises Ludwig
  • 2016 Energie-Innovationspreis
  • 2018 Auszeichnung zum Top-Ausbildungsbetrieb
  • Botschafter zum familienbewussten Unternehmen vom Netzwerk „Frau & Beruf“

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