Kira Kastell

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Themen

Unternehmertum
13.05.2022

Prof. Dr.-Ing. Kira Kastell

Die Präsidentin der Hochschule Hamm-Lippstadt im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.

Wie würden Sie Ihren Weg zur Präsidentin in Ihrem Unternehmen beschreiben?

Mein Weg zur Präsidentin einer Hochschule begann retrospektiv betrachtet damit, dass ich als Studentin von meiner Fachbereichssekretärin aufmerksam gemacht wurde, dass noch Studierende für diverse hochschulische Gremien gesucht würden. Nach meiner Wahl in den Prüfungsausschuss und den Ausschuss für Lehr- und Studienangelegenheiten habe ich dann erlebt, wo und wie man überall mitgestalten kann. So habe ich mich dann auch als Professorin in den Hochschulsenat wählen lassen und bin dort Vorsitzende der Kommission für Studium und Lehre geworden. Das wurde dann zum Sprungbrett auf die Position der Vizepräsidentin für Studium und Lehre. In dieser Position durfte ich ein breites Spektrum an Leitungsaufgaben ausfüllen, in Vertretung des Kanzlers mit dem Ministerium und anderen Hochschulen einen Hochschulpakt (Basis für die Hochschulhaushalte) aushandeln und war zeitweise mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Präsidenten beauftragt, also kommissarisch Präsidentin. Damit habe ich ein perfektes „Trainee Programm“ durchlaufen, auch wenn es das für Wahlämter natürlich nicht wirklich gibt. Mit meiner Bewerbungsrede und der Erfahrung konnte ich dann die Hochschulwahlversammlung der Hochschule Hamm-Lippstadt überzeugen.

Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal so gehen? Oder würden Sie etwas anders machen?

Mein Weg, wie oben dargestellt, hört sich bezüglich des Amtes sehr geradlinig an, ist es aber nicht. Und genau das ist wichtig: offen sein für Chancen und neue Entwicklungen. Als Wissenschaftlerin gehört Neugier quasi zu meinen Berufseigenschaften, und die hilft dabei, sich auf neue Entwicklungen und Perspektiven einzulassen. Hochschulpräsidentin ist kein direktes Karriereziel, der Weg führt hier an Hochschulen für angewandte Wissenschaften neben der notwendigen wissenschaftlichen Reputation, meist als Promotion, immer auch über Tätigkeiten außerhalb der Hochschule in Industrie oder anderen Organisationen bzw. Institutionen. Als Ingenieurin in der Hochschulleitung gehöre ich auch fachlich einer Minderheit an, da sich hier häufiger Personen mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund finden. Der Weg war also nicht vorgezeichnet, aber alle meine beruflichen Stationen haben mir Spaß gemacht und ich bin mit Herzblut dabei. Dann ergeben sich Chancen, die man nutzen kann, wenn man möchte.

Welche Entscheidung auf Ihrem Weg zur Führungskraft würden Sie als die Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie persönlich am meisten gelernt haben?

Meine wichtigste Entscheidung war, zu mir und meinen Werten zu stehen und mich bei jeder Karriereoption zu hinterfragen, ob das zu mir passt. Und dann den Mut zu haben, einen Karriereschritt „auszulassen“ oder auch vermeintlich eine Stufe zurückzutreten, wenn dort inhaltlich oder persönlich die bessere Passung besteht. Es darf nicht um Titel und Status gehen, sondern darum, ob ich die Kompetenzen habe und die Verantwortung im entsprechenden Kontext gut und glaubhaft übernehmen kann und will. Dann wird man sich dauerhaft in der entsprechenden Position wohlfühlen und gut agieren können.

Womit beschäftigen Sie sich als Präsidentin derzeit besonders intensiv? (Bspw. Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Personalentwicklung, Unternehmensziele, Krisenmanagement etc.)

Zurzeit – im Jahr 2022 – ist das in der Tat im kurzfristigen Alltagsgeschäft die Coronapandemie und das zugehörige Krisenmanagement. Parallel dazu mittelfristig das Thema Digitalisierung nicht zuletzt wegen der gesetzlichen Vorgaben im Online-Zugangs- und E-Government-Gesetz. An der Hochschule ist das in der Doppelspitze Präsidentin/Kanzlerin im Bereich der Kanzlerin verortet. Nachhaltigkeit ist das langfristige Thema nicht nur bezüglich der Organisation als solches, sondern auch als Thema in Forschung und Lehre und als gesellschaftlicher Auftrag an die Hochschule. In den nächsten Jahren werden wir uns nach der Gründungsphase der Hochschule mit der Weiterentwicklung unserer Strategie beschäftigen. Mit dem Regierungswechsel in Berlin und der Landtagswahl in NRW im Jahr 2022 werden wir damit auch auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren.

Gibt es eine Erfahrung als Frau an der Spitze, die Sie teilen möchten? Was war Ihre größte Herausforderung bisher?

Die größte Herausforderung ist leider immer noch das Ankämpfen gegen Klischees. Ich lasse mich davon anspornen, aber es ist schon erschreckend, wie wenig sich hier in den letzten Jahrzehnten geändert hat. Hochschulen mit Präsidentin oder gar weiblicher Doppelspitze, wie wir sie seit April 2022 haben, sind sehr rar. Als Frau darf man sich nicht abschrecken lassen, wenn man noch immer in der einen oder anderen Runde die erste Frau ist und die männlichen Teilnehmenden nicht wissen, wie sie damit – besonders im Small Talk – umgehen sollen. Die Sichtbarkeit von kompetenten Frauen im gesellschaftlichen Kontext kann man auch selbst befördern, indem man ganz gezielt als Begleitperson eine andere kompetente Frau mitnimmt.

Welche Botschaft möchten Sie anderen (derzeitigen und zukünftigen) weiblichen Führungskräften mitgeben?

Auch wenn es immer noch zu wenige Frauen in Führungspositionen gibt, es werden immer mehr. Und die Erkenntnis, dass man in gemischten Teams bessere Ergebnisse erzielt, setzt sich immer mehr durch. Dabei bezieht sich die Vielfalt der Teams nicht nur auf das Geschlecht, sondern auch auf Alter, kulturellen Hintergrund, Fachrichtung, sexuelle Orientierung etc.. Trauen Sie sich Führung zu und werden Sie dann bitte auch sichtbar, um als Vorbild für andere Frauen zu wirken. Suchen Sie sich Netzwerke, mit denen Sie sich bei den kleinen und großen Herausforderungen des Alltags austauschen können. Man muss und sollte als Führungskraft nicht alles alleine entscheiden.

Was schätzen Sie am Verband Der Mittelstand. BVMW besonders?

Die Hochschule Hamm-Lippstadt mit ihren mittelständisch geprägten Standorten ist Mitglied der Hochschulallianz für den Mittelstand. Mit dem BVMW als Partner wird die Ansprache der vielfältigen Unternehmen und ein guter Austausch mit den mittelständischen Unternehmen vereinfacht, um gemeinsam die Unternehmen und die Region weiterzuentwickeln.

Infos zur Person

Prof. Dr.-Ing. Kira Kastell

  • Jahrgang: 1975
  • Abschlüsse: Dr.-Ing., Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Ing., Dipl.-Kffr., Dipl.-Volksw.
  • Position: Präsidentin der Hochschule Hamm-Lippstadt
  • In Führungsposition seit 01.05.2021 Präsidentin, vorher seit 01.01.2013 Vizepräsidentin für Studium und Lehre der Frankfurt University of Applied Sciences

Über das Unternehmen

Hochschule Hamm-Lippstadt

  • Branche: Bildung
  • Firmensitz: Hamm (Westfalen), Nordrhein-Westfalen
  • Mitarbeiter:innen: ca. 400

https://www.hshl.de

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